The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

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huenni1987
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von huenni1987 »

Sind gute Punkte. Ich konnte durchaus nachvollziehen warum Tommy am Ende so kaputt war. Nur in der Szene als ich sie live gesehen habe, war mir das in dem Moment echt komisch. Ich ging bis dahin ja davon aus, er lebt gar nicht mehr.

Das ist eh bei mir ein wichtiger Punkt gewesen. Ich habe viele Szenen erst revue passieren lassen müssen. Auch andere Szenen die man eigentlich am Anfang sieht, die sich auch erst am Ende oder später auflösen.

Was ich bei vielen Meinungen immer noch interessant finde und das meine ich ernst, ist dass viele schreiben sie wären mit der Story glücklicher gewesen, wenn Ellie Abby am Ende getötet hätte und sie danach wieder zu Dina geht.

Aber ich muss sagen, ND hat es geschafft mir Abby sympatisch genug zu machen, dass ICH sie am Ende nicht töten wollte. Ich habe wirklich nur noch gesagt, "hört auf zu kämpfen" weil man sieht das beide im letzten Kampf einfach nur am Ende sind. Anscheinend ist es also dann eben doch so, dass viele so gar nicht verstehen können oder wollen, warum Abby so gehandelt hat.

Ob Abby jetzt genug Sympathien bei mir hat um einen DLC oder ein ganzes Spiel mit ihr zu spielen? Keine Ahnung. Am Ende bin ich doch irgendwie Team Ellie. :D Aber das ist mir aufgefallen.

Man sieht Streamer die sich am Ende lautstark aufregen weil Ellie Abby gehen lässt. Die dann nur noch abragen, nach dem Motto, der ganze Mist und am Ende töten wir sie nicht mal. Da sieht man halt sehr gut wie krass unterschiedlich da die Menschen ticken. Auch ist mir aufgefallen, dass amerikanischer Streamer und Youtuber eher dafür sind, Abby am Ende zu töten als andere. Die gehen da mit einem richtigen Hass rein. Das klingt jetzt nach furchtbaren Schubladendenken, weiß ich, aber mir kams zumindest so vor.

Um klar zu machen was ich meine. Der zitierte Text lässt sich bei den neueren Reviews auf Metacritic so oder so ähnlich in fast allen Bewertungen wieder finden die im Bereich 0/10-3/10 sind.
I hate Abby and her stupid story - dont want to play as her stupid character and hate her story - just die Abby! I hate you! I rather kill you ass many times i want and not finish the game! I hate Naughty Dogg for this stupid side of the story! Way worse than the first game!!! Dont buy Last of US part 2
Zuletzt geändert von huenni1987 am 28.06.2020 18:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Billie?
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Billie? »

oppenheimer hat geschrieben: 28.06.2020 15:42 Ich finde, was Ellie danach macht, ist eigentlich komplett irrelevant. Sie hat sich für ihren Rachefeldzug und damit gegen ihre neue Familie entschieden und damit, ähnlich wie Joel im ersten Teil, äußerst selbstsüchtig gehandelt.
Erst nach zahlreichen sinnlosen Morden macht sie endlich DIE wichtigste Charakterentwicklung durch, indem sie Größe zeigt und von ihrer Rache ablässt, Abby und Joel sowie sich selber vergibt.
Und das ist weit mehr happy end, als ich je erwartet hätte. Insbesondere wenn ich an das Ende des ersten Teils denke.
Ein überwältigendes Happy End, mit Betonung auf Happy und auch Betonung auf überwältigend. So gut hab ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Die Charakterentwicklung von "lass los von der Rache, denn es bringt dir deine geliebte Person nicht zurück" war so wichtig für Ellie. Freudentränen als sie das erkannt hat.
/s
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Billie?
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Billie? »

Was Ellie in der Geschichte macht, ist ihr eigenes Leben wegzuwerfen in dem Bestreben, einer Person, die ihr Schaden zugefügt hat, diesen Schaden zu vergelten. Es gibt keinen Sinn in ihrem Handeln. Es ist egoistisch, es ist masochistisch und vollkommen rücksichtslos. Das ist die Geschichte der Rache. Täter Opfer Ausgleich. Auge um Auge. Der Täter muss den Schmerz des Opfers fühlen und ehe das nicht geschehen ist, gibt es keinen Frieden. Tragischerweise stößt die vollendete, erfolgreiche Rache dann einen neuen Zyklus der Vergeltung an und das zu zeigen, gelingt dem Spiel auch ganz eindeutig.
Als Spieler ist man in TLOU gezwungen, Ellies Rachefeldzug in voller Länge mitzugehen. Selbst nach dem Ellie besiegt und verschont wurde von Abby, der große Moment des Aufeinandertreffens der Blutfeinde, hört ihre krankhafte Rachsucht nicht auf. Und der Spieler muss wieder mit auf den erneuten Weg der Rache.
Rache ist eine Krankheit, ein Virus, der den Geist vernebelt. In Ordnung, dass man das vermitteln möchte. Ein Problem allerdings steht der Message im Wege. Wir kennen Ellie. Wir haben sie lieb gewonnen. Wir kennen sie als gute Person. Sogar noch in den Rückblicken von Teil 2 sieht man, dass sie sich gerne für die Menschheit geopfert hätte. Ihr Charakter ist etabliert und bekannt. "Subverting Expectations" indem man Charaktereigenschaften bewusst über Bord wirft, um den Rezipienten zu schocken; Da muss es langsam auch mal eine Einsicht geben, dass das kein gutes Storytelling ist und das Charakterentwicklung verdient werden will.
Wer Abby allerdings tot sehen will am Ende, der projiziert nur seine Wut darauf, dass man in TLOU II keine Fortführung von TLOU 1 in narrativer Hinsicht bekommt, auf Abby. Völlig ignorierend, dass Abby am Ende von TLOU II wahrscheinlich bereits mehr gelitten hat als jeder andere Charakter in der Geschichte. Karma hat sie bereits bestraft. Man kann nicht gleichzeitig Abbys Tod fordern und sich darüber aufregen, dass Ellies Charakter im zweiten Teil völlig korrumpiert wurde. Die (vielleicht zurecht) enttäuschte Menge, die etwas ganz anderes vom zweiten Teil erwartet hat, möchte leider nicht mehr versuchen, die Geschichte als ganzes zu verstehen.
Da gibt's einen riesigen Bruch zwischen dem, was der Autor mit dem zweiten Teil sagen möchte, und wie er dafür etablierte, geliebte Charaktere benutzt, und dem, was sehr viele Fans von diesem zweiten Teil in erzählerischer Weise erwartet haben.
Wo der erste Teil noch mit einem bittersüßen Ende aufhört, ist am ende des zweiten Teils, nach all dem Blutvergießen, nach all den Verlusten und all der Gewalt für unsere Protagonisten alles verloren. Von dem Spieler wird dann die emotionale Reife verlangt, dieses TLOU PART II als Lehrstück über die Sinnlosigkeit der Gewalt und Rache anzuerkennen und zu wertschätzen. Einen Großteil der Fans hat man damit aber bewusst enttäuscht, verprellt und verletzt und ich weiß nicht ob das fair ist, egal wie wirkungsvoll hier die Fruchtlosigkeit und zerstörerische Macht der Vergeltung demonstriert wird.
Zuletzt geändert von Billie? am 28.06.2020 19:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von huenni1987 »

Ellie ist aber keine 14 mehr. Selbst wir haben in unserer Pupertät ordentlich höhen und tiefen erlebt, jetzt stell dir das mal in einer solchen Welt vor. Dazu erfährt sie erst mit vollkommener Sicherheit von Joels Lüge Jahre nachdem das passiert ist.

Dann sind sie und Joel nochmal über eine lange Zeit zerstritten und Ellie grübelt über ihre Existenz nach. Und gerade als sie sich Joel annähern will, passiert das Spiel. Ich kann daher durchaus nachvollziehen, dass es sie total zerreist.

Ich finde halt schwierig dem Spiel handwerklich schlechtes Storytelling vorzuwerfen nur weil ein Teil der Fans mit der Geschichte nicht zufrieden ist. Wie gesagt, sie hätten auch ne 0815 Story schreiben können wo man wieder mit Joel und Ellie unterwegs ist. Dina wird umgebracht und Ellie macht sich mit Joel auf das zu Rächen. Das hätte aber nie diesen Impact gehabt. Oder Heilmittel Versuch Nummer 2? Am Ende Ellie doch für ein Heilmittel opfern, hätte den Fans auch nicht geschmeckt.

ND hat bei dem Game definitiv keinen Fan Service betrieben und in Kauf genommen, dass es Spieler abstoßen wird. Das finde ich persönlich aber gerade gut.
Zuletzt geändert von huenni1987 am 28.06.2020 20:14, insgesamt 2-mal geändert.
Gesichtselfmeter
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Gesichtselfmeter »

Toller Talk, mit sehr interessanten Perspektiven, wobei ich Alice Meinung über Abby doch sehr stark biased und emotional aufgeladen empfinde, was man an ihrer Leidenschaft gut ablesen kann -
soll aber in keinster Weise böse oder gar Kritik gemeint sein, sondern als Beobachtung verstanden werden.

Es ist doch bizarr, dass in einem Spiel, welches aktuell von so vielen Menschen abgelehnt wird alleine schon wegen der gesamten Diversitäts-Thematik, anscheinend keinem auffällt, dass Abbys Charakter-Arc in einem von dieser Handlung losgelösten Kontext komplett aus einer anderen Richtung hätte wahrgenommen werden können: Abby ist eine Frau, deren komplettes Wertesystem und ihr moralischer Kompass ganz stark auf die drei wichtigsten Menschen in ihrem Leben ausgerichtet ist: Ihr Vater und Owen...plus Isaac - alles Männer! Sie ist im Vergleich zu Ellie heterosexuell, versucht sich aber in einer Welt, die immer noch von Männern dominiert wird, durchzusetzen. Sie ist wie die Engländer so schön sagen: ein tomboy. Lustigerweise hat die Fraktion, die sie bekämpft, eine weibliche geistige Führerin.

Und PTSD? Da hat ND mindestens 3 Sequenzen gebracht um ein Licht auf Abbys psychologisches Profil zu scheinen:
Abby ist ein klassisches Daddy-Girl, welches aber, und da braucht man keine weitere Exposition, aus irgendeinem Grund einen komplett anderen Weg einschlägt als ihr Vater - der Vater: Arzt, der die Chance hatte etwas für die Menschheit zu tun - Abby hat den Weg des Kriegers gewählt und konnte weder ihren Vater noch Owen beschützen. Wenn das kein Grund für ein tief verankertes Helfersyndrom ist, dann weiß ich auch nicht. Und dann ist die Neue von der ersten großen Liebe auch noch Ärztin...
ND hat da schon eine Menge Lagen an Charakterunterbau hingeschaufelt.

Für mich ist Abby tatsächlich so etwas wie die erste wahre Alan Ripley der Videospielgeschichte und dafür muss ich ND gratulieren.
Beim ersten Kontakt mit Abby fand ich die Figur irgendwie interessant und das liegt wohl mit Sicherheit auch an dem Casting der Darstellerin: für mich war sie von Anfang an nicht nur eine Rambo-Olga, sondern da war diese spannende Divergenz aus rauer Schale, hinter der sich irgendwo ein nettes Mädel verbirgt, was man an ihrer Mimik und ihrer Art zu reden ablesen konnte. Und dieser Punkt wird im Spiel sehr oft wiederholt und macht die Figur sehr vielschichtig. Ich frage mich sogar, ob Abby nicht sogar im Spiel entjunfert wurde.
Es ist eben diese Symbiose aus Kampf-Amazone und unschuldiges Mädchen von nebenan, dass sie so spannend macht.
Und gerade am Ende, wo die Handlung ihr den "Panzer" wegnimmt, sieht man sie wieder in einem komplett neuen Licht.

Ich finde dafür, dass Tlou dem Endzeitgenre angehört immer noch zu viel mit Gut und Böse argumentiert wird.
Schon die erste Planet der Affen Reihe war da schon weiter und hat den "perversen" Reiz der Endzeit als moralisches Niemandsland dargestellt, wo kein Platz für Ratio und Moral mehr ist, sondern wieder das Recht des Stärkeren gilt.
Aber sowohl in Planet der Affen sowie auch in anderen Genrevertretern wird halt doch ein kleiner Hoffnungskegel ausgeworfen um zu zeigen, dass die "Menschlichkeit" in irgendeiner Form sich auch in solchen Szenarien zeigen kann.
Auch ein Mad Max hat in Road Warrior nicht zu einer romantischen Form von Nächstenliebe gefunden, sondern einfach erkannt, dass Helfen ein Geben und Nehmen sein kann und dass man nicht alles alleine schaffen kann. Ähnlich sehe ich Abbys Entwicklung: ihr war klar, dass ihre Zeit mit Owen ein Ende haben wird. Dann hätte sie keine Bezugsperson mehr, an der sie sich orientieren kann.
a) ihr wurde das Leben von den beiden gerettet
b) sie hat mit Owen gepoppt
c) plus Altlasten

doch kann man gut nachvollziehen, dass sie sich an diesen einen Strohhalm klammert und sich irgendwo reinzuwaschen.

Und bezüglich Widerspruch Soldat vs. Emotional...ui ganz schwierig. Nur mal so: in Israel gibt es Wehrpflicht für Frauen. Sind israelische Frauen dann weniger emotionale Frauen?
Zuletzt geändert von Gesichtselfmeter am 28.06.2020 20:44, insgesamt 1-mal geändert.
johndoe1197293
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von johndoe1197293 »

@Billie?:

Ich finde nicht, dass bezüglich Ellie "Charaktereigenschaften bewusst über Bord" geworfen wurden. Mag sein, dass wir sie als "gute Person" kennengelernt haben, aber das ist lange her. (Das heißt jetzt natürlich nicht, dass sie nun Jahre später als schlechte Person gezeichnet werden darf/kann. Ist auch gar nicht der Fall.)

Ich denke, dass bei dieser Kritik ein Aspekt ignoriert wird: Es geht nicht einfach nur um Rache und Hass, sondern auch um Schuld und Ohnmacht.
Ellie bricht nicht einfach nur auf, weil ihr Ziehvater ermordet wurde und sie ihn rächen will. Nein, sie musste seine Ermordung mit ansehen und war nicht in der Lage etwas dagegen zu unternehmen. Sie konnte ihm nicht helfen. So etwas ändert einen Menschen natürlich, es zerstört ihn. Deswegen ist auch Joel nach dem Tod seiner Tochter nicht mehr derselbe. Und deswegen lässt er am Ende vom ersten Teil nicht zu, dass Ellie getötet wird.

Ellies Reise ist der Versuch sich von der Schuld zu lösen, einen Weg aus der Ohnmacht zu finden. Und es ist ein Versuch der Wiedergutmachung, so irrational das auch sein mag. Ihre Entwicklung ist meiner Meinung nach absolut nachvollziehbar.
Zuletzt geändert von johndoe1197293 am 28.06.2020 21:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Sun7dance
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Sun7dance »

Für mich wäre es glaubhafter, wenn Ellies Rachefeldzug wirklich nur gegen Abby und vielleicht noch die anderen anwesenden abgezielt hätte.
Aber sie ballert sich durch Horden von Gegnern, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie mordet so viel und teilweise so brutal, dass man ihre Aktionen gegen Abby und Co. letztendlich als gar nicht mehr so entscheidend wahrnimmt.

Hätte Naughty Dog mehr auf Stealth und Knockouts gesetzt, sodass Ellie wirklich nur die eigentlichen Zielpersonen ausschaltet, wäre es glaubhafter gewesen.
So wirkt Ellie wie eine reine Killermaschine, bei der es eigentlich keine Rolle spielt, ob sie auf einem Rachefeldzug oder einfach so unterwegs ist.
Versteht ihr, was ich meine? Ihr müsst es aber natürlich nicht genauso sehen.
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Gesichtselfmeter »

Sun7dance hat geschrieben: 28.06.2020 22:11 Für mich wäre es glaubhafter, wenn Ellies Rachefeldzug wirklich nur gegen Abby und vielleicht noch die anderen anwesenden abgezielt hätte.
Aber sie ballert sich durch Horden von Gegnern, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie mordet so viel und teilweise so brutal, dass man ihre Aktionen gegen Abby und Co. letztendlich als gar nicht mehr so entscheidend wahrnimmt.

Hätte Naughty Dog mehr auf Stealth und Knockouts gesetzt, sodass Ellie wirklich nur die eigentlichen Zielpersonen ausschaltet, wäre es glaubhafter gewesen.
So wirkt Ellie wie eine reine Killermaschine, bei der es eigentlich keine Rolle spielt, ob sie auf einem Rachefeldzug oder einfach so unterwegs ist.
Versteht ihr, was ich meine? Ihr müsst es aber natürlich nicht genauso sehen.
Also so wie in Teil 1? ;) Klar, Du kannst auch ein visual Novel machen, wo Du am Ende gar keinen tötest, aber am Ende des Tages ist ND auch nur ein Spieleentwickler und mit so was verdienst Du kein Geld und dann kriegst Du auch kein Budget um deinen Ambitionen folgen zu können.
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von johndoe1197293 »

Kann ich nachvollziehen. Mich hat etwas gestört, dass Ellie quasi zu Reboot-Lara Croft mutiert, die Bombenpfeile und Minen herstellt. Ich denke, die lange Spielzeit und der repetitive Spielverlauf tragen ebenfalls dazu bei, dass man als Spieler irgendwann abstumpft, selbst wenn wichtige Figuren abgeschlachtet werden. Auf der anderen Seite, ist wahrscheinlich gerade das die Intention der Macher: Ob ein beliebiger Söldner nebenbei ermordet wird oder eine wichtige Nebenfigur stirbt, ist egal.
Mich hat`s im weiteren Verlauf weniger gestört, weil ich für mich strikt gameplay und story getrennt habe. Richtig deplatziert fand diesbezüglich jedoch den Santa Barbara-Abschnitt, in dem ich mir mit meinem schallgedämpften Gewehr vorkam wie in einem Ghost Recon oder Rainbow Six-Spiel. :P
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Rosu »

Völlig bei Alice in dem Punkt, dass Emotionen teils erzwungen werden.

Für mich gab es bisher kein Spiel, bei dem es so offensichtlich ist, wie die Writer das Drehbuch angegangen sind. Mit teils chirurgischer Präzision platzieren Druckmann/Gross Szenen, damit man genau an dieser Stelle genau diese Emotion verspüren soll. Wenn ich den kompletten Hinterbau noch während ich die Szene spiele sehe, fühle ich mich eher manipuliert als z.B. traurig, wodurch manche Szenen eher langweilen.

Für mich persönlich ist das gepaart mit der extremen Benutzung von Flashbacks (teils sogar in Flashbacks!) ein Schreibstil, dem ich nicht viel abgewinnen kann, ja sogar an manchen Stellen faul wirkt.
Zuletzt geändert von Rosu am 28.06.2020 22:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Danilot »

Billie? hat geschrieben: 28.06.2020 19:33 (...)Ein Problem allerdings steht der Message im Wege. Wir kennen Ellie. Wir haben sie lieb gewonnen. Wir kennen sie als gute Person. Sogar noch in den Rückblicken von Teil 2 sieht man, dass sie sich gerne für die Menschheit geopfert hätte. Ihr Charakter ist etabliert und bekannt. "Subverting Expectations" indem man Charaktereigenschaften bewusst über Bord wirft, um den Rezipienten zu schocken; Da muss es langsam auch mal eine Einsicht geben, dass das kein gutes Storytelling ist und das Charakterentwicklung verdient werden will.
(...)
Über diesen Punkt, die Charakterentwicklung von Ellie habe ich in den letzten Tagen häufig nachgedacht. Und ich finde das stimmt nicht, dass wir Ellie als reifen Charakter besonders gut kennen. Wir haben sie als positive, empathische aber auch willensstarke Figur erlebt. Wenn es darauf ankommt, dann kämpft sie für das Leben Joels und ihr eigenes. So haben wir sie in Teil 1 kennen gelernt.

Da war Ellie ein 14 jähriges Mädchen. Wie ausgereift kann ein Charakter in dem Alter sein?

In Part 2 ist sie 18 Jahre alt. Wie erfahren, in sich ruhend, reflektiert kann Ellie mit 18 Jahren sein? Ist es nicht vorstellbar, dass sie sich in den Hass hineinsteigern kann? Ihr wurde Joel genommen, obwohl sie um sein Leben gefleht hat, ihr wurde auch die Chance genommen sich mit ihm zu versöhnen.

Das wurde hier schon gesagt, und ich glaube auch, dass neben dem Verlust Joels auch viel Selbstvorwürfe bei Ellie mitschwingen, weil sie die Beziehung zu ihm nicht mehr richtig kitten konnte. Auch wenn das nicht ihre Schuld war, aber sie ist die Überlebende und trägt diese Last.

Aber wie auch immer. Wir kannten die Teen-Ellie und nun die Jungerwachsene, eine Person, die das Töten gelernt hat, das Lieben und Beziehungen führen aber noch nicht - siehe ihr Verhältnis zu Dina, welches auch stark von Unsicherheit geprägt ist. Das man als junger Erwachsener mehr Risiken eingeht, Emotionen - weil noch nicht so oft verspürt - heftiger an sich ran lässt und vielleicht auch mal zu weit geht, das gehört zur Persönlichkeitsentwicklung dazu. Ellie kann nicht nur das idealistische, pausbäckige Mädchen bleiben, das ist nicht möglich. Ihre Persönlichkeit als erwachsene Person haben wir bisher kaum gesehen. In einer besseren Welt wäre sie vielleicht einfach ein starker, positiver Mensch geworden - vielleicht.

Der Racheexzess in Part 2 hatte für Ellie gute Gründe und er hätte sie nachhaltig verändern und seelisch verletzten können. Aber u.a. mit der Erfahrung der Vergebung und dem zeitweiligen (?) Verlust von Dina wird sie ihre Lehren aus den Ereignissen ziehen können. Damit und vielleicht auch mit der Rückkehr zu Dina wird die erwachsene Ellie bei sich selbst ankommen können und das wäre dann der Charakter von dem man sagen könnte: "So ist diese Figur."
Zuletzt geändert von Danilot am 28.06.2020 23:09, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Gesichtselfmeter »

Rosu hat geschrieben: 28.06.2020 22:45 Völlig bei Alice in dem Punkt, dass Emotionen teils erzwungen werden.

Für mich gab es bisher kein Spiel, bei dem es so offensichtlich ist, wie die Writer das Drehbuch angegangen sind. Mit teils chirurgischer Präzision platzieren Druckmann/Gross Szenen, damit man genau an dieser Stelle genau diese Emotion verspüren soll. Wenn ich den kompletten Hinterbau noch während ich die Szene spiele sehe, fühle ich mich eher manipuliert als z.B. traurig, wodurch manche Szenen eher langweilen.

Für mich persönlich ist das gepaart mit der extremen Benutzung von Flashbacks (teils sogar in Flashbacks!) ein Schreibstil, dem ich nicht viel abgewinnen kann, ja sogar an manchen Stellen faul wirkt.
Das Problem ist: vergleich mal Eike mit Alice. Eike ist nüchtern an das Spiel gegangen und Alice emotionalisiert. Klarer Fall von Ellie-stan :lol:
Alice spricht von emotionaler Manipulation, Eike nicht. Bin da voll bei Eike. Wer kein Pferd im Rennen hat und einfach als Beobachter und Spieler agiert, der einfach auf zwei verschiedene Spielfiguren blickt, hat mit dem Writing kein Problem. Manipuliert sind diejenigen, die Teil 1 nicht loslassen können, also müsste man das Writing von Teil 1 eher kritisieren. Und wie willst Du die notwendige Exposition in einem Spiel aus der dritten Person ohne Flashbacks machen? Über Itembeschreibungen oder Audiologs, lol?
Macht jeder Film und jedes Buch auch - Anime ist eine reine Flashback-Orgie. Was wäre die Alternative? Monologe im Gras liegend?
Zuletzt geändert von Gesichtselfmeter am 28.06.2020 23:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Das Miez »

Vorab: Ein echt toller Talk - umfangreich, abwechslungsreich und gut argumentiert! Macht das bei Gelegenheit ruhig öfter in dieser (größeren) Konstellation; so kommt schon gutes Talk Show-Feeling rüber. 8)

Zu TLOU2 nur ein paar Gedankenschübe, weil's ohne Tastatur umständlich ist... ;)

- ich war von Anfang an heilfroh, dass ND (keine Ahnung, wieso ich das befürchtet hatte) im zweiten Teil keinen absolut vom ersten Teil losgelösten Strang konstruiert hat, sondern konsequent an das Ende und die Folgen aus Teil 1 angeknüpft hat
- Joels Tod fand ich zwar für die Figur, Ellie, Tommy etc. nicht nice, aber vom Plot her nachvollziehbar - auch mit der Folge, dass Abby es bei mir von Anfang an recht einfach hatte (Sympathiepunkte zu sammeln)
- ihre Figur / Perspektive habe ich gerne gespielt (auch wenn ich es gefühlt einen Ticken zu lang fand), während von Ellie zunehmend eine Entfremdung stattfand
- spätestens ab der zweiten Spielehälfte habe ich oft den Schleichweg versucht, weil mir das Töten und Morden der "leider zur falschen Zeit am falschen Ort"-NPCs keine Genugtuung und schon gar nicht Freude bereitet hat (bis auf ein paar gameplaytechnische Ausnahmen)
- dass Tommy am Ende noch lebte, hatte mich total verwirrt...dass man hingegen noch einen spielerischen Nachschlag bekam, fand ich dann wiederum gut (auch wenn es sich nach hektisch zusammengenäht anfühlte, mit den Fireflies in L.A. wieder ein potentieller Cliffhanger besteht...) - im ersten, schönen Ranch-"Ende" ist mir dann auch eingefallen, dass Ellies blutige Szene ausm Trailer (noch?) gar nicht gezeigt worden war
- was mich am ehesten am sonst richtig tollen Spiel nervte, waren (spiel- / film- / spielfilmtechnisch wohl notwendige?) "Deus ex"-like Momente...X taucht plötzlich auf, Y rettet aus dem nichts Z...viel so "just in time"- bzw. "auf den letzten Drücker"-Stuff. ;)

Werde wohl in der zweiten Jahreshälfte einen weiteren Durchgang machen und mich nochmal detailliert damit auseinandersetzen.
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Hurzt »

Danke für den Talk, cool, eure Gedanken, Meinungen und Gefühle zu diesem Spiel zu bekommen.

Auch einige Kommentare hier auf 4P, die ich dazu gelesen habe, fand ich gut bzw. konnte mich in ihnen wiederfinden.

Hier noch ein paar Cent von mir:
Ich empfinde TLOU II als ein Kunstwerk und natürlich auch als ein technisches Meisterstück; allem voran haben mich die Gesichtsanimationen geflasht, eben weil sie die Gefühle der Charaktere so gut abbilden.
Dass sie auch stattfinden, während man läuft, egal ob man das Gesicht gerade sehen kann, ist für mich ein Puzzleteil von ganz vielen, die das Spiel zu "mehr als der Summe seiner Teile" machen (finde ich auch, Eike).

Noch ein paar Gedanken zur Story, dem Kernstück:
"After all we've been through. Everything that I've done. It can't be for nothing."
Ellie hat bereits in der Vorgeschichte (Left Behind) und Teil 1 heftige Verluste und andere Traumata erlitten, insofern fand ich das nahtlose Weitererzählen der Geschichte und ihre Entwicklung glaubwürdig und großartig.
Und die Geschichte wirkt und funktioniert auf so vielen Ebenen – einfach wow...

Die Gitarre am Anfang und am Ende des Spiels, die Symbole der Motte und des Glühwürmchens (die im Thread vom Test von jemandem schön beschrieben wurden), die Lüge und ihre Auswirkungen, und nicht nur Rache und Vergeltung/Vergebung als Thema, sondern auch die Posttraumatische Belastungsstörung und was sie mit und aus uns (den letzten von uns) macht. Die Bewältigungsstrategien (Körper-Panzer aufbauen, Gitarre spielen und singen, Gewaltrausch, um nur ein paar zu nennen...).

Die Spiegelungen und Verflechtungen der Geschichten und Schicksale.
Ich konnte den Schlussfight kaum noch ertragen, fand sein Ende dann aber wirklich erlösend. Der Moment, in dem Ellie Abby endgültig umzubringen scheint und sich ihre Gesichter über und unter Wasser gegenüber stehen, enthielt für mich auch eine Form von Spiegelung und dann ein "sich im anderen wiedererkennen" (fast schon "in your face").
Dass sie noch so die Kurve gekriegt haben, hat mich irgendwie umgeworfen und gefreut.
Und dass es kein Happy End ist, die Hauptfiguren aber dennoch eine Art von Befreiung erfahren – einfach auch wow.

Darauf bezogen fand ich auch Jörgs Assoziation zum Song von Sting gut und stimmig.
"There's no such thing as a winnable war
It's a lie we don't believe anymore"

A great product / piece of art imho.
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Michi-2801
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Re: The Last of Us Part 2: Talk (Spoiler): 4 Redakteure, 4 Vier Perspektiven

Beitrag von Michi-2801 »

schnitzelmitsenf hat geschrieben: 27.06.2020 09:59

Eikes letzten Satz im Hinblick darauf, was das für Filme jetzt bedeuten würde, kann ich allerdings nicht völlig nachvollziehen. TLoU2 mag die Messlatte für Spiele neu setzen...aber halt für Spiele. Für den Film hat das alles wenig zu bedeuten. Ich glaub nicht, dass sich ein Filmemacher jetzt TLoU2 angeschaut hat und Angst bekommt, weil Gaming jetzt wahnsinnig Druck machen würde. In der Vergangenheit war es ja meist so, dass diese Entwicklung in Gaming immer einem Trend unterworfen war...und Dinge die "modern" sind, altern für gewöhnlich unfassbar schlecht. Man hat zwar die Messlatte immer weiter verschoben, aber man ist halt doch nie ernsthaft in die Nähe des Films gekommen. Wir haben schon oft gesagt, dass Gaming jetzt zum Film aufschließen würde, aber am Ende hat die Zeit dann doch meist gezeigt wie schlecht diese Spiele über die Zeit gealtert sind und dass man in Wirklichkeit nicht annähernd zum Film aufgeschlossen hat.

Wäre ich mir nicht so sicher.
Wenn man mal sieht welche Schauspieler, Regisseure oder Drehbuchautoren auf Last of Us 2 reagiert haben, scheinen viele das Potential von einem Spiel zu erkennen.
Allein was die Möglichkeit bietet Charaktere, Welt etc zu zeigen/erklären. Wirst du ein einem Film oder einer Serie aufgrund der kurzen Spielzeit und den großen Produktionskosten niemals hinbekommen.
Den Punkt mit der Laufzeit verstehe ich nicht. Serien sind in der Regel doch deutlich länger als The Last of Us 2. Ich habe für meinen Durchgang exakt 2,2 Staffeln Game of Thrones gebraucht (22 Stunden).
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