4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

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Paulaner
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von Paulaner »

Drukhi hat geschrieben: 10.06.2020 21:53 Was mir in dem Video (habe es komplett geschaut) fehlt, ist der Bezug von Gewalt in Computerspielen zu dem Alter der Spieler.

Beruflich habe ich in dieser Woche 18 Jugendliche im Alter von 14 bis 15 in Game-Design unterrichtet. Und ich habe arge Bauchschmerzen wenn nicht wenige von ihnen sich auf TLoU2 freuen. ... ... ...

Altersfreigaben, die gefühlt kaum eingehalten werden, in der Grafik 2020 wurden leider nicht angesprochen. :cry:

>12 jährige spielen und empfinden TLoU2 anders als wir Erwachsene, und möglicherweise (bin kein Psychologe) kann dies zu Erheblichen Problemen führen. :|
Ist ein interessanter Aspekt. Ich habe als Kind (so zumindest ab dem Teenageralter) definitiv Erfahrungen mit Gewalt in Filmen und Videospielen erfahren. Bspw. in Resident Evil 1, da war ich aber wahrscheinlich noch unter 13. Habe mich nie getraut, das wirklich weiter zu spielen. Gab aber natürlich noch andere Medien, in denen Gewalt vorkam. Ich muss allerdings sagen, dass ich in der Retrospektive keinerlei Auswirkungen davon verspüre. Die Frage ist natürlich, inwieweit man dies im Nachhinein überhaupt noch nachvollziehen kann. Aber ich frage mich schon, ob ich meinem Sohn in Spee ein Spiel ab 18 erlauben würde, wenn er bspw. 16 ist. Ich denke irgendwie ja. Wäre er noch jünger, wäre das natürlich ein Drahtseilakt. Btw. sind die Altersempfehlungen ja bloße Empfehlungen, über die sich die Erziehungsberechtigten hinwegsetzten können. Hmm...
CritsJumper
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von CritsJumper »

IxAxUx hat geschrieben: 11.06.2020 18:22 Aufgrund meiner eigenen familiären Biographie frage ich mich bspw. jedes Mal: Warum spielt man Weltkriegsshooter? Haben die einen Wert, den sie vermitteln wollen? Was ist der Sinn des Spiels? Geht es nur um Spaß? Falls ja: Ist das jenseits eines naiven Hedonismus ethisch-moralisch vertretbar so ein Spiel zu spielen - stehen manche solcher Spiele wegen "Sinnlosigkeit" nicht zurecht in der Kritik?
Also ich selber hatte als jugendlicher immer die Nase gerümpft, wenn Klassenkameraden Ego-Shooter spielten. Mir wurde von dem Pixelmatsch immer schlecht, genau wie manchen und auch mir bei diversen VR-Titeln. Also im Sinne der Seekrankheit. ich musste es mir später bei Mario Kart auf dem SNES und auch wieder bei Spielen mit VR Brille erst mal antrainieren das ich dies ausgehalten hab.

Es ist halt oft so, als außenstehender macht man sich so seine Gedanken, beobachtet Freunde oder die eigenen Kinder beim spielen und das erste was da pasiert sind diese Vorurteile. Die hatte ich auch damals bei Mortal Kombat und sehr lange bei GTA 3.

Eben weil es da diese für mich Geschmacklosen spiele gab. Postal ist auch so etwas. Da kann man Menschen anpinkel oder mit einem Schild verprügel wo man sich so denkt "WTF ?". Aber mit der Zeit wird man da tolleranter. Ähnliches hatte ich auch bei Kill Bill, bis ich erst mal andere QT Filme angeschaut hatte.

Weltkriegsspiele dienen sehr oft dem Szenario, das mit der Story drum herum kam erst später. Auch bis die Fantasy alternativen wie Zombies, Stars Wars oder Fantasy wie Herr der Ringe gefunden hat. Ähnlich wie einem Uboot-Simulator macht es durchaus Spaß damals die Echolot und Co justieren zu können und erst mal durch das Peroskoop ein Schiff anhand der Umrisse zu bestimmen und dann zu überlegen ob man es mit Torpedos beschießt. Es geht auch immer um die Geschichte im Kopf.

Man hat darüber Einblick in eine Gedankenwelt aber auch oft in die Mechanik. Weltkreisspiele waren sehr lange einfach die Vorlage, für das was Kinder im Wald spielten mit unsichtbaren Pistolen und heute wahrscheinlich mit Farb-Kugeln oder als Laser-Game.

Diese COD Schlauchlevel sind immer eine Mischung aus Soldaten-Filmen und Trash. Manche stellen aber auch mal gut geschrieben. Es ist halt schon bemerkenswert wenn man sich diese Landung an der Küste vorstellt, oder die Grabenkämpfe im ersten Weltkrieg (ich hab die Spiele dazu nicht mehr gespielt.). Aber das ich mich mit dem Thema auseinander gesetzt hab, auch über dieses 2D Ubisoft Art Game Valiant Hearts, hat bei mir dazu geführt das ich auch gerade jetzt in der EU, einen anderen Bezug zu dem Drama in Belgien bekommen habe und zu der Geschichte des ersten Welt Krieges. Wenn man sich dort ein Fort oder die immer noch zerbombten Landschaften anschaut wo die Bombenkrater immer noch sichtbar sind.. oder die Gedenkstätten in Belgien wo hunderttausende Soldaten liegen. Nimmt einen das einfach mit.

Videospiele können da sehr wohl etwas sein was den Anstoß gibt. Auch über diese Gewalt. Weil man sich mit dem Thema zwangsläufig auseinander setzt und sich irgendwie fragt ob das wirklich so ist und so war.. und was davon reißerisch und überspitzt Formuliert ist.

Auf der anderen Seite ist es absehbar das Krieg schlimmer wird und die Gewalt zunehmend digital Statt findet. Wie bei der Dokumentation National Bird von 2016. Auch finde ich leistet aktuell CallofDuty als Singleplayer hier auch etwas indem sie versuchen den Krieg "von Morgen", sichtbar zu machen. Zwar ist da kein Atom-Krieg bei (Gott Bewahre!), aber Killerroboter und Assistenz Systeme. Die Gewalt von Morgen ist leider eher das was Alice andeutete, das man Videospiele spielt und später raus findet das dies Algorithmen trainiert die für etwas ganz anderes genutzt werden. (Bsp. Unschuldiges Hochladen der Fotos ins FB-Universum, welche dann aber Gesichtserkennung perfektioniert und die Erzeugung von Deep-Fakes, ermöglicht um letztlich Propaganda, Massenüberwachung und auch Killerroboter zu Trainieren. Mit mehr oder weniger gutem Erfolg).

Diese Bioshock Spiele, mit der Selbstoptimierung und dem fiktiven Szenario in diesen Unterwasserstädten oder Luftschlössern.. das ist doch schon genial. Es werden so viele Themen und Bereiche überspitzt dargestellt. Ich genieße es sehr oft. Die Gewalt gehört manchmal dazu damit sich das ganze abhebt.

Aber ich denke es ist auch von essenzieller Bedeutung damit sich die Geschichte verbreitet und die Spieler sich diese Dinge merken und das nicht so schnell vergessen. Bevor wir schreiben und lesen konnten, wurden so und auch mit Gesängen und Tänzen ja Informationen gespeichert und an die Nachfolgenden Generationen weitergegeben. Sowohl die Bibel und der Koran, lagen in den aktiven Jahren ja nicht direkt als Schrift vor, sondern man musste das erzählen. Damit die Menschen das erzählen waren auch dort, genau wie im Videospielen oder in der Werbung die alles in 5000x zu schön und zu Perfekt zeigt. Die Dinge überspitzt auch was Sex und die Gewalt betrifft. Ich glaube deswegen ist es auch heute noch wichtig. Zum Teil natürlich auch weil es sich dann besser verkauft, aber auch weil die Menschen begeistert davon erzählen.
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casanoffi
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von casanoffi »

Werde das Talk-Video noch nachholen, hatte leider noch keine Gelegenheit, es anzusehen...

Mich würde interessieren, ob das Thema Gewalt auch mal aus der Sicht der Entwickler behandelt wird.
Wie das Gezeigte auf die Spieler wirken kann, ich denke, darüber wird ja schon ewig diskutiert.
Aber ich würde gerne mal ein paar Stimmen hören, von Leuten, die diese Spiele entwickeln.

Das können ja nicht ausschließlich Freaks sein, die das total geil finden ^^
Stelle ich mir schon heftig vor, wenn sich jemand rund um die Uhr damit beschäftigen muss...
Sowohl optisch als auch akustisch.
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bohni
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von bohni »

IxAxUx hat geschrieben: 11.06.2020 17:39 Nur, weil es in anderen gesellschaftlichen Bereichen und in anderen Unterhaltungsmedien keine ethisch-moralischen Diskussionen gibt, kann die Schlussfogerung doch nicht sein: "Dann machen wir es auch nicht."
Ich habe nur gesagt, man sollte nicht nur oder gerade bei Spielen anfangen, als wenn Spiele besonders anders wären.
Auch sehe ich - wie ich versucht habe deutlich zu machen - einen wesentlichen qualitativen Unterschied zwischen TV-Serien, Kinofilmen, TV-Nachrichten, oder meinenwegen "den ältesten Mythen der Menschen". Denn anders als bei den anderen Formaten, konsumiere ich nicht mehr nur, sondern muss selbst aktiv handeln. ICH töte im Videospiel - und schaue nicht mehr nur passiv in die Röhre und gucke zu, wie andere Menschen töten.
Nein du tötest in Videospielen eben nicht.
Wenn du bei illegalen Kämpfen o.ä. mitmachst, tötest du. Wenn du Fleisch ist, hast du töten lassen usw.
Bei Videospielen kommt kein anderes Lebewesen zu schaden.

Töten - Wortbedeutung/Definition:
1) einem Menschen oder einem Tier das Leben nehmen

Synonyme:
1) das Leben nehmen

Das ist der gleiche Fehlschluss der auch zu dem Begriff "Killerspiel" führt.
Zudem halte ich es für wenig überzeugend zu sagen "so sind wir halt". Ich würde aus zweierlei Sicht dagegenhalten (und weiß, dass das keine harten, unschlagbaren Argumente sind, sondern eher Werthaltungen und Weltanschauungen): Erstens gibt es kein "so sind wir halt", weil sich der Mensch gesellschaftlich und kulturell seit jeher (mitunter stark) verändert.
Nicht wirklich, vergleiche mal alte Kulturen und heute ... so groß sind die Unterschiede da nicht.
Zweitens finde ich, dass wir uns zumindest bemühen könnten, uns zu verändern
Ja - allerdings warum erst die Darstellung in einem Freizeitmedium ändern, bevor sich das reale Leben geändert hat?
(bzw. unseren Videospielkonsum zu ändern). Was spricht dagegen? Du Welt ist brutal und voller Gewalt? Klar, da stimme ich dir zu! Aber muss all das deswegen auch in ein Unterhaltungsmedium gepackt werden und mich amüsieren?
Der Punkt ist ja DAS es "amüsiert", dagegen wirst du nichts tun können.
Mit Verboten o.ä. wird ggf. nur interessanter.
Nein. Mythen, Sagen etc. hatten immer eine sinnstiftende Funktion, die Gesellschaften aufklären, zusammenhalten und vllt. in ihren Entscheidungen anleiten sollten.
Naja, in der Regel war da sehr viel Politik drin. D.h. Legitimation von Macht und festlegen der Rolle der Untertanen unter dem Herrscher usw.
Was dagegen soll der Wert von Videospielen sein? Genau das ist ja die ethisch-moralische Frage, die völlig unbeantwortet bleibt. Und die Frage geht weit über die Frage nach "welche individuellen psychischen Folgen hat der Konsum von gewalttätigen Videospielen?" hinaus.
Videospiele haben den gleichen Wert wie alle Freizeitbeschäftigungen, wenn man beim Sport mal die Ertüchtigung aussen vor lässt. Sie dienen der Ablenkung der Bevölkerung.

Was braucht das Volk? Brot und Spiele!
Wozu? Damit es ruhig bleibt und tut was es soll.
Schon zu Zeiten der römischen Republik wurde vom Senat für Bürger Roms extrem verbilligtes, teils sogar kostenloses Getreide zur Verfügung gestellt. Dies hatte den Zweck die Massen der Armen, die plebs, zumindest soweit zu versorgen, dass sie keine Aufstände starteten. Zugleich wurden oft von vermögenden Adeligen Zirkus- und Gladiatorenspiele veranstaltet, die für jeden Bürger kostenlos besuchbar waren. Erfolgreiche Politiker wie z. B. Julius Caesar sicherten sich Stimmen bei den regelmäßigen Wahlen, indem sie einerseits große Mengen an Nahrung verschenkten und andererseits besonders prächtige und unterhaltsame Spiele veranstalteten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Panem_et_circenses
Und das ist heute nicht anders und war auch vorher schon so.
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LootZiffer
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von LootZiffer »

Alice scheint ganz gern No Man´s Sky zu spielen. :)
Gen.Eric
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von Gen.Eric »

Guter Talk, wichtiges Thema - für alle, die sich auch für die Entwicklerseite interessieren und leidlich Englisch beherrschen, empfehle ich das Video "Blood, Guts, And Videogames (The Jimquisition)" auf dem YT-Kanal von Jim Sterling, in dem u.a. über posttraumatische Belastungsstörungen bei Mortal-Kombat-Entwicklern berichtet wird.

Davon abgesehen: Hat jemand M*****t 2 gespielt? Taugt das, wenn man den ersten Teil spielenswert fand? Wie kommt man am Besten als Deutscher in den "Genuss"? Gerne PM, danke im Voraus! :)
Zuletzt geändert von Gen.Eric am 14.06.2020 22:37, insgesamt 1-mal geändert.
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dRaMaTiC
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von dRaMaTiC »

seniorgamer hat geschrieben: 12.06.2020 17:01 Alice scheint ganz gern No Man´s Sky zu spielen. :)
Haha, das dachte ich mir auch wo ich das Poster gesehen hatte :)

btt: Also bei mir war The Last of Us 1 eine prägende Erfahrung. Der erste Kampf gegen Menschen bzw. die Infizierten...das alles mit der expliziten Gewaltdarstellung und der Umsetzung das es für die Charakter echt Mühsam ist gegen diese "Feinde" zu kämpfen. Da musste ich am Anfang schon paar mal Schlucken wo es zur Sache ging.
Dunning-Kruger
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von Dunning-Kruger »

Paulaner hat geschrieben: 11.06.2020 19:25 Btw. sind die Altersempfehlungen ja bloße Empfehlungen, über die sich die Erziehungsberechtigten hinwegsetzten können. Hmm...
"Waren die Freigaben der USK anfangs Empfehlungen, so sind es seit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) 2003 verpflichtende Alterseinstufungen, die sowohl auf der Verpackung des Spiels als auch auf dem Datenträger deutlich erkennbar kenntlich gemacht sein müssen. Die Altersstufen sind im JuSchG in §14 Absatz 2 festgeschrieben."

https://de.wikipedia.org/wiki/Unterhalt ... tkontrolle



Zum Thema: meine "Karriere" begann mit Rückkehr zum Schloss Wolfenstein, in der Uncut-Fassung. Seitdem fast alles mitgenommen was ging: Katzealschalldämpfer 2, Männerjagt, Soldat des Glücks II natürlich mit modifizierter .exe und "dismemberment=1", Unreal Tournament uncut uvm.

Die Filme konnten natürlich auch nicht blutig genug sein und gingen von Saw, über Hostal, über Kill Bill, High Tension, Freitag der 13., Nightmare on Elm Street, Final Destination usw.


Und heute? bin ich eher pazifistisch im Reallife unterwegs. Spiele und Filme allerdings können gerne immer noch hart sein. Dabei macht mir der reine Gore selten etwas aus (bis auf das mit dem Auge bei Hostal). Ich finde es wesentlich schlimmer, wenn jemand hilfloses attackiert wird oder er sich gar nicht wehren will (z.B. beim 1. Pokemonfilm, als Mewto Pikachu durch die Gegend boxt)

Wenn man darüber diskutieren möchte, ob Gewalt in Videospielen notwendig ist, sollte man erst die Rahmenbedingungen festlegen. Ganz plakativ: Ist Super Mario gewalttätig, wenn er mit Feuerkugeln seine Gegner brutzelt und dafür Belohnung in Form von Punkten bekommt oder Yoshi opfert, um über einen Abgrund zu gelangen? Ist Fifa gewalttätig, wenn man seinen Gegenspieler mit einer Grätsche von den Füßen holt? Ist Donkey Kong gewalttätig, wenn ein Fass Mario überrollt? Sollte man Pokemon spielen, wenn es da draußen illegale Hundekämpfe gibt?

Ich denke, dass die USK (mittlerweile, lange hat es gedauert) einen vernünftigen, differenzierten Job macht. Spiele wie Last of Us 2 sind ab 18, Ende. Wenn nun 13-Jährige so etwas spielen und die einen Schaden davontragen, sollte imho nicht der Entwickler an den Pranger gestellt werden, immerhin wurde sein Produkt überprüft, sondern die Kette dahinter (Händler, Eltern)
Zuletzt geändert von Dunning-Kruger am 15.06.2020 12:08, insgesamt 7-mal geändert.
Ich tue das, was viele tun sollten:

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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von Paulaner »

Dero.O hat geschrieben: 15.06.2020 11:39
Paulaner hat geschrieben: 11.06.2020 19:25 Btw. sind die Altersempfehlungen ja bloße Empfehlungen, über die sich die Erziehungsberechtigten hinwegsetzten können. Hmm...
"Waren die Freigaben der USK anfangs Empfehlungen, so sind es seit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) 2003 verpflichtende Alterseinstufungen, die sowohl auf der Verpackung des Spiels als auch auf dem Datenträger deutlich erkennbar kenntlich gemacht sein müssen. Die Altersstufen sind im JuSchG in §14 Absatz 2 festgeschrieben."

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IxAxUx
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von IxAxUx »

bohni hat geschrieben: 12.06.2020 07:55
IxAxUx hat geschrieben: 11.06.2020 17:39 Nur, weil es in anderen gesellschaftlichen Bereichen und in anderen Unterhaltungsmedien keine ethisch-moralischen Diskussionen gibt, kann die Schlussfogerung doch nicht sein: "Dann machen wir es auch nicht."
Ich habe nur gesagt, man sollte nicht nur oder gerade bei Spielen anfangen, als wenn Spiele besonders anders wären.
Ja, so habe ich dich auch verstanden und wollte dir auch nichts in den Mund legen. Ich verstehe und teile deinen Standpunkt im Großen und Ganzen sogar. Nur denke ich nach wie vor, dass es die Videospielbranche nach vorne bringen würde, wenn sie ihr Verhältnis zu Gewalt in ihren Spielen überdenkt. Und damit meine ich nicht, dass es keine Gewalt mehr in Videospielen geben sollte. Sollen Entwickler doch ruhig die blutigsten Splatterspiele entwickeln. Damit habe ich erstmals gar kein Problem. Mir geht es hauptsächlich darum, dass ich den Eindruck habe, manche Spieleentwickler nehmen gar nicht mehr wahr, dass ihre Spiele vor Gewalt strotzen. Es scheint ein unreflektiertes und selbstverständliches Verhätnis zur Gewalt, eine unkritische "Kultur der Gewalt", in der Branche zu geben. Und das führt meiner Ansicht nach einfach dazu, dass sich viele Entwickler gar nicht überlegen, wie viel Gewalt, welche Form von Gewalt und welche Intensität von Gewalt in ihren Spielen überhaupt für die Story, Charakterentwicklung, Glaubwürdigkeit der fiktiven Welt etc. sinnvoll und nötig ist.

Ich habe den 4-Players Test zu The Last of Us 2 gelesen (wegen der hitzen Debatten wollte ich dort aber nichts in die Kommentare schreiben) und dachte: Ja, es geht doch! So, wie ich den Test verstanden habe, hat sich Naughty Dog wirklich Gedanken über das Thema Gewalt gemacht. Die Gewalt scheint - so habe ich es dem Test entnommen - sinnvoll und nötig für die beabsichtigte Charakterentwicklung, die Story und die Glaubwürdigkeit der fiktiven Welt zu sein. Und mehr noch als das, soll die Spielerin oder der Spieler des Spiel noch dazu gebracht werden, über Gewalt nachzudenken. Ich habe das Spiel selbst noch nicht gespielt. Aber nach dem Lesen des Test dachte ich: Wow, klasse Spiel.
Klar kann man noch über Nuancen streiten (wäre es bspw. nicht besser gewesen, dem Spieler oder der Spielerin mehr Entscheidungsfreiheit zu geben, einen gewaltlosen Weg einzuschlagen), aber das sind eben nur Nuancen und sollen das Spiel nicht schmälern. Und klar ist auch: Wer die Gewaltdarstellung (bzw. vermeintlichen oder tatsächlichen politisch-ideoligischen Botschaften) in TLoU2 nicht mag, muss es ja nicht spielen.

Als mehr oder weniger passendes Gegenbeispiel möchte ich Xenoblade Chronicles 2 anführen. Vorweg: Ich finde, es ist ein super Spiel und ich habe riesigen Spaß, es zu spielen. Aber die Welt erscheint mir mitunter etwas unglaubwürdig (und das muss ja nicht jedem Spieler oder jeder Spielerin zu gehen). Zu Beginn sagt die Hauptfigur, Rex, ganz in Gedanken und Sorgen versunken, dass die Titanen, auf denen alle Tiere und Menschen leben, sterben. Rex scheint nachdenklich und besorgt zu sein, dass mit den Titanen auch alle anderen Lebewesen sterben und es bald keine mehr geben wird. Das war eine sehr schöne Eröffnungssequenz und vermittelte mir sofort ein Gefühl für die Welt. Doch was passiert dann: Als Spieler kann - und muss ich meist sogar - wild gegen alle möglichen Tiere kämpfen und sie massenhaft umbringen, um Erfahrungspunkte zu sammeln. Damit haben die Welt und der Charakter für mich ihre Glaubwürdigkeit völlig verloren: Einerseits ist der Charakter storytechnisch betrübt über das Sterben von Tieren, andererseits verlangt das Spielkonzept von mir, Tiere reihenweise umzubringen.
bohni hat geschrieben: 12.06.2020 07:55
IxAxUx hat geschrieben: 11.06.2020 17:39 Zudem halte ich es für wenig überzeugend zu sagen "so sind wir halt". Ich würde aus zweierlei Sicht dagegenhalten (und weiß, dass das keine harten, unschlagbaren Argumente sind, sondern eher Werthaltungen und Weltanschauungen): Erstens gibt es kein "so sind wir halt", weil sich der Mensch gesellschaftlich und kulturell seit jeher (mitunter stark) verändert.
Nicht wirklich, vergleiche mal alte Kulturen und heute ... so groß sind die Unterschiede da nicht.
Es kommt drauf an, was der Vergleichsmaßstab ist, ob man riesige oder nur geringe Unterschiede erkennt. Klar gibt es in allen Kulturen und Gesellschaften über jede Epoche hinweg Gewalt, Tot, Brutalität etc. pp. Dennoch sehe ich riesige Unterschiede im Umgang, der Wahrnemung, der emotionalen Verarbeitung, der Symbolik usw. mit Gewalt, Tot etc.

EDIT:

Es kann natürlich aus anders herum gedacht werden: Die Form und Intensität von Gewaltdarstellungen müssen sich nicht zwangsläufig sinnvoll und glaubwürdig in die Charakterentwicklung, die Story und die Glaubwürdigkeit der fiktiven Welt anpassen. Es kann natürlich auch anders herum sein: Als Entwickler plant man ein Spiel für Genre und entwickelt ein (innovatives) Spielkonzept und muss Story, Figurenentwicklungen und Plausibilität der fiktiven Welt so gestalten, dass sie ins Genre und das Spielkonzept passen. Kurzum: Es muss einfach zusammenpassen - egal von welchem Punkt man aus denkt.
Zuletzt geändert von IxAxUx am 15.06.2020 13:26, insgesamt 1-mal geändert.
Dunning-Kruger
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von Dunning-Kruger »

Paulaner hat geschrieben: 15.06.2020 12:56
Spoiler
Show
Dero.O hat geschrieben: 15.06.2020 11:39
Paulaner hat geschrieben: 11.06.2020 19:25 Btw. sind die Altersempfehlungen ja bloße Empfehlungen, über die sich die Erziehungsberechtigten hinwegsetzten können. Hmm...
"Waren die Freigaben der USK anfangs Empfehlungen, so sind es seit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) 2003 verpflichtende Alterseinstufungen, die sowohl auf der Verpackung des Spiels als auch auf dem Datenträger deutlich erkennbar kenntlich gemacht sein müssen. Die Altersstufen sind im JuSchG in §14 Absatz 2 festgeschrieben."

Das bedeutet, dass Produkte gekennzeichnet werden müssen. Du kannst dich als Erziehungsberechtigter trotzdem darüber hinwegsetzen.
Leider kann man deinen Satz "ist bloße Empfehlung" so intepretieren, wie ich es getan habe: Dass es allgemein nur eine Empfehlung ist, was aber eben nicht stimmt. "Für Erziehungsberechtigte bloß eine Empfehlung" hätte weniger Interpretationsspielraum gelassen

IxAxUx hat geschrieben: 15.06.2020 13:05 Doch was passiert dann: Als Spieler kann - und muss ich meist sogar - wild gegen alle möglichen Tiere kämpfen und sie massenhaft umbringen, um Erfahrungspunkte zu sammeln. Damit haben die Welt und der Charakter für mich ihre Glaubwürdigkeit völlig verloren: Einerseits ist der Charakter storytechnisch betrübt über das Sterben von Tieren, andererseits verlangt das Spielkonzept von mir, Tiere reihenweise umzubringen.
Unabhängig von dem Wort "umbringen":

Wenn ich mich recht daran erinnere, kann man die Wesen, die einen NICHT angreifen, einfach ignorieren und bei den Wesen, die einen angreifen, fliehen. Würdest du dich, wenn du dich für Tierwohl einsetzt, in der Realität nicht zur Wehr setzen, wenn ein knuffiger Braunbär dich angreift?
Zuletzt geändert von Dunning-Kruger am 15.06.2020 13:26, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von IxAxUx »

Dero.O hat geschrieben: 15.06.2020 13:08
IxAxUx hat geschrieben: 15.06.2020 13:05 Doch was passiert dann: Als Spieler kann - und muss ich meist sogar - wild gegen alle möglichen Tiere kämpfen und sie massenhaft umbringen, um Erfahrungspunkte zu sammeln. Damit haben die Welt und der Charakter für mich ihre Glaubwürdigkeit völlig verloren: Einerseits ist der Charakter storytechnisch betrübt über das Sterben von Tieren, andererseits verlangt das Spielkonzept von mir, Tiere reihenweise umzubringen.
Unabhängig von dem Wort "umbringen":

Wenn ich mich recht daran erinnere, kann man die Wesen, die einen NICHT angreifen, einfach ignorieren und bei den Wesen, die einen angreifen, fliehen. Würdest du dich, wenn du dich für Tierwohl einsetzt, in der Realität nicht zur Wehr setzen, wenn ein knuffiger Braunbär dich angreift?
Ich würde vermutlich vor Angst erstarren und mir in die Hose machen. :-)
Ob man Wesen ignorieren kann und vor anderen (immer erfolgreich?) fliehen kann, weiß ich gerade gar nicht. Du hast sicher Recht.
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von Dunning-Kruger »

IxAxUx hat geschrieben: 15.06.2020 13:30 Ich würde vermutlich vor Angst erstarren und mir in die Hose machen. :-)
Ob man Wesen ignorieren kann und vor anderen (immer erfolgreich?) fliehen kann, weiß ich gerade gar nicht. Du hast sicher Recht.
Ist ein Argument :lol:

Mein Gedächtnis kann mich auch täuschen, bin mir aber fast sicher, dass es so war. Unabhängig natürlich davon, dass man dann ein schwereres Spielerlebnis hat, wenn man kaum nebenbei XP erhält.
Ich tue das, was viele tun sollten:

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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von IxAxUx »

Also, wenn ich plötzlich einen Bären vor mir habe, wäre ich jedenfalls nicht so geistesgegenwärtig wie dieser Junge:
https://www.spiegel.de/panorama/dolomit ... 00053ac259

(Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich hier auf ein Video verlinke, das ich auf Spiegel Online gesehen habe.)

Ich habe übrigens kurz nachgesehen: Du hast Recht damit, dass man nicht von allen Wesen in Xenoblade 2 angegriffen wird und man vor vielen aggressiven Tieren auch fliehen kann. Mir hätte es jedoch gefallen, wenn vor dem Storyhintergrund des Kämpfen gegen friedliche Tiere mit "Maluspunkten" bestraft worden wäre oder aber es wenigstens keine Belohnung in Form von Erfahrungspunkten und Geld gegeben hätte. Oder, noch simpler: Die Entwickler/Storywriter hätten im Spieleinstieg einfach nicht den Eindruck erwecken müssen, dass der Hauptcharakter um die sterbenden Tiere trauert. Aber wie gesagt: Das Spiel ist dennoch toll.
Easy Lee
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Re: 4Players-Talk: Gewalt im Videospiel

Beitrag von Easy Lee »

Der wesentliche Unterschied ist für mich die Interaktion in Verbindung mit der heute möglichen Immersion. Ich habe das Gefühl, dass ihr bei aller Ambivalenz am Ende so ziemlich unisono ein Plädoyer für exzessive Gewalt auftischt. Da hätte ich mir mindestens eine Stimme gewünscht, die entschieden widerspricht.

Ich finde nicht, dass den Menschen die schonungslosen Bilder im letzten Jahrzehnt gut getan haben. Nicht die fiktiven und die realen schon gar nicht. Jörg betrachtet das niederreißen aller Grenzen bei TLOU 2 wegen der erzählerischen Ebene hier als lehrreich. Wäre dem so, müsste es ja quasi dazu führen, dass man anschließend keinen Bock mehr auf exzessive Gewalt in Spielen hat. Was ich bislang beobachtet habe ist eine sich ständig hochschaukelnde Spirale, die immer noch krassere Inhalte hervorbringt.

Dass die Grenzen zudem sehr individuell sind, habt ihr ja auch ausgeführt. Das waren sie immer. Nur hat sich die gesamtgesellschaftliche Grenze einfach enorm verschoben. Wenn Alice bspw. sagt sie könne sich keine Quälerei einer Person reinziehen, dann kennt sie ja das Gefühl von innerem Widerstand und moralischer Ablehnung beim spielen. Für meinen Geschmack ein gesunder Reflex, der bei den meisten von uns heutzutage viel zu spät einsetzt.
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