LP 90 hat geschrieben: ↑25.06.2017 11:11
TotalBiscuit nehme ich nicht ernst, das ist einer der das LootBox-System bei Overwatch als "Pro-Konsumenten" bezeichnet, wobei es nichts anderes ist als Glücksspiel an Kinder und Jugendliche zu verkaufen. Der Gute ist bekannt dafür bei seinen Lieblingsfirmen mal eben 3-4 Augen zuzudrücken mit der kritischen Berichterstattung. Allgemein ist er eher Pro-Buisness was das angeht.
Wenn ich wollte könnte ich Jim Sterling als Gegenpart zitieren, der hat aber auch seine Meinung, aber argumentiert immer noch strikt gegen Bethesdas System.
Und nein Bethesdas Versuch löst nicht alle Probleme. Es hilft zwar Mod-Diebstahl zu unterbinden etc., aber innerhalb der Modder-Community wird es dennoch zu gewaltigen Änderungen kommen. Inter-Community Kooperation wird geschwächt, da Leute nicht wollen, dass ihre Werke in Bezahlmods/nicht-Bezahlmods auftauchen, wo eventuell nichts von sehe. Große, oft auch die beliebten Total Conversion Mods bestehen aus teilweise hunderten von kleineren Teilmods, welche nur existieren können, weil die Leute bereitwillig teilen. Das wäre bedroht. Und nein, das ist nicht nur hypothetisch, es gibt zahlreiche wissenschaftliche Studien zu dem, wenn ein vorher unbezahlter, intrinsisch motivierter Bereich auf Einmal mit Geld "korrumpiert" wurde. Auch werden sich Modder fragen, wieso sie überhaut große Mods mit Aufwand machen, wenn ich mit nen einfachen Waffen-Skin einen Bruchteil der Arbeit, aber einen relativ gesehen wesentlich höheren Erlös habe. Desweiteren....die Wahrnehmung von Mods wird sich Allgemein dadurch ändern, selbst wenn Bethesda das anders nennt. Der GoT Mod für Crusader Kings 2 wurde beinahe von HBO gekillt, aber Paradox konnte denen glaubhaft versichern das es als Mod einen komplette "Fair Use"-Angelegenheit war. Wenn die nun sehen, dass aber andere mit Mods Asche machen zieht das Argument nicht mehr. Das ist dann eine mögliche Einnahmequelle für HBO die wegbricht und werden das unterbinden, selbst wenn sie nie sowas machenwürden.
Es geht überhaupt nicht darum, ob du TB in dem Fall zustimmst oder nicht, es geht viel mehr darum, dass er das zugrundeliegende System erklärt hat. Und hättest du dem zugehört, würde vielleicht die Hälfte deines Beitrags hier gar nicht stehen
Aber gut... dann kommt jetzt eben eine wall of text (sorry, schonmal
)...
Fangen wir mit Kollaborationen an. Die sind für die Creation Club-Kreationen eh nicht vorgesehen. Irgendwas, was aus "Teilmods" besteht wird dort schlicht nicht landen können. Warum? Wenn ein Modder ein Creation Club-Projekt entwickeln will, gibts da einige Hürden, der kann nicht einfach losbasteln und Geld verdienen, sondern:
- Er muss Bethesda das Projekt vorstellen, inkl. Entwicklungsplan, bisheriger Referenzen und allem drum und dran. Wie ein externer Entwickler sein Produkt einem Publisher pitchen muss.
- Bethesda entscheidet darauf hin, ob sie das Projekt aufnehmen möchten und schlägt die Finanzierungsdetails vor
- Es wird ein Vertrag unterschrieben, falls man sich einig ist
- Der Entwickler beginnt die Arbeit am Produkt bei Null, muss ggf. ab einem gewissen Umfang regelmäßig Milestones vorlegen und wird für diese sowie für das fertige Projekt einmalig von Bethesda dafür bezahlt. Nach Fertigstellung gehört das Ding Bethesda, nicht mehr dem Modder. Es ist also faktisch eine Auftragsarbeit. Bethesda geht hier in Vorkasse - der Pitch wird also nur gelingen, wenn Bethesda das Potential sieht, dass sie ihre Ausgaben auch wieder rein bekommen und einen ordentlichen Gewinn einfahren.
- Das Projekt durchläuft Bethesdas QA, die Lokalisierung und Co und wird von Bethesda veröffentlicht. Der Modder verdient an einzelnen Sales nichts, ob und wie weit er Support leisten muss oder ob Bethesda das übernimmt, ist derzeit nicht bekannt.
Da Bethesda eben die "Arbeitszeit" bezahlt, wird derjenige, der einen Waffenskin veröffentlicht (sofern der überhaupt den Pitch überlebt, was angezweifelt werden darf) weit weniger verdienen, als der, der an einer TC bastelt - sogar selbst dann noch, wenn sich der Waffenskin am Ende häufiger verkaufen sollte, als die TC. Da jedes Projekt bei Null begonnen werden muss und auch noch, sofern gegeben, bei den Milestones geprüft wird, wird man da auch nichts von anderen Mods drin sehen - schon gar nicht, wenn, wie gesagt, Entwicklungs- und Distributionsverträge geschlossen werden. Wenn da nämlich jemand Mist baut und Content klaut, haftet er nicht als einfache Privatperson, die im Netz ein bisschen Unsinn treibt, sondern als vollwertiger Entwickler, der Rechtsverstöße begeht, um damit kommerziell Gewinn zu erwirtschaften. Das wird es wohl ziemlich sicher niemanden wert sein.
Der Creation Club hat also vermutlich nicht mehr Einfluss auf die freie Modding-Szene, wie es stinknormale DLC haben. Weder kannst du dort "Abwandlungen" von bereits existierenden Projekten einbringen, noch die große Kohle mit wenig Aufwand scheffeln, noch dir deinen Kram zusammen klauen - und du musst dir außerdem, egal was du planst, erstmal eine Eintrittskarte verdienen. Normale Mods, mit freier, zum Ende offener Entwicklung, riesige Mods, die sich aus vielen Teilprojekten zusammen setzen, Mods die irgendwelche Script Extender nutzen, Mods, die nicht völlig frei von irgendwelchen Rechten Dritter sind und so weiter sind von diesem Projekt schlicht alle überhaupt nicht betroffen.
Fassen wir das alles noch einmal zusammen:
Mods:
Entwicklung: Modder
Finanzierung der Entwicklung: keine
Entwicklungsdauer: offen, open-ended
Verwertungsrechte: Modder
Rechtliche Verpflichtungen gegenüber den Kunden: niemand
Einnahmen: Gratis, ab und zu mal ein Danke und ggf. Spenden (haha...)
Support (rechtlich): niemand
Support (praktisch); Modder
Qualität: von Goldcheat bis Falskaar
Qualitätskontrolle: keine
Paid Mods (nach dem gedroppten Bethesda-Vorbild):
Entwicklung: Modder
Finanzierung der Entwicklung: keine
Entwicklungsdauer: offen, open-ended
Verwertungsrechte: Modder
Rechtliche Verpflichtungen gegenüber den Kunden: Steam (als Marktplatz) und der Modder (sofern greifbar)
Einnahmen: landen beim Modder, Verkauf pro Stück mit heftigen Abgaben an Bethesda
Support (rechtlich): Modder (sofern greifbar)
Support (praktisch); Modder
Qualität: vermutlich Goldcheat bis Falskaar
Qualitätskontrolle: keine
DLC:
Entwicklung: das gleiche Studio wir der Entwickler des Hauptspiels oder ein externes Studio im Auftrag
Finanzierung der Entwicklung: Lohn für die Arbeit vom Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Entwicklungsdauer: wie vorher vereinbart
Verwertungsrechte: landen beim Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Rechtliche Verpflichtungen gegenüber den Kunden: Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Einnahmen: landen beim Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Support (rechtlich): Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Support (praktisch); Entwickler und Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Qualität: von Horse Armor bis Dragonborn
Qualitätskontrolle: Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Creation Club:
Entwicklung: Modder, externes Studio oder Bethesda selbst
Entlohnung der Entwickler: Lohn für die Arbeit vom Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Entwicklungsdauer: wie vorher vereinbart
Verwertungsrechte: landen beim Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Rechtliche Verpflichtungen gegenüber den Kunden: Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Einnahmen: landen beim Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Support (rechtlich): Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Support (praktisch); vermutlich Entwickler und/oder Auftraggeber
Qualität: vermutlich über Goldcheat und Horse Armor
Qualitätskontrolle: Auftraggeber (ggf. identisch mit Arbeitgeber)
Und jetzt erzähl mir bitte, unabhängig davon, ob du das Konzept nun persönlich magst, nochmal, dass der Creations Club Content nur ein neuer Name für "paid mods" sind. Ich würde sagen, es ist eher eine Weiterentwicklung der DLC-Entwicklung, geeignet für Spiele, wo das Selbstentwickeln aufgrund des Alters für ein ganzes Team nicht mehr sinnvoll ist, die Qualität der Community-Inhalte aber so hoch ist, dass man nicht zwangsläufig ein externes Studio mit dieser Entwicklung beauftragen muss und bei denen schlicht nach wie vor Nachfrage an "offiziellem" Content besteht. Bethesda "nennt" das also nicht nur anders, es IST etwas gänzlich anderes.
Ich bin seit 16 Jahren selbst Modder der Bethesda-Games (und sogar einigermaßen erfolgreich), ich weiß also wohl recht gut, wie die Community tickt, durch welche Probleme sie in den letzten Jahren immer mal wieder musste (quasi von Modklau, über selbstzerstörende Spielstände und ModPicker bis zu PaidMods) - und ich versteh deshalb total ihre Skepsis. Im Gegensatz zum Paid-Mods-System ist das hier aber fair, solange sich Bethesda an ihre Aussagen hält und dürfte wenig bis keinen Einfluss auf die freie Mod-Community haben. Ich glaube, dass es nicht nur fair ist, Modder für ihre Arbeitszeit zu bezahlen, sofern die das Wünschen, sondern langfristig sogar zwingend erforderlich - das hat nicht das geringste mit "korrumpieren" zu tun. Ich hätte mir gewünscht, dass die Community das selbst auf freiwilliger Basis geregelt bekommt (Spenden) - hat sie aber in all den Jahren nicht. Die Qualität des Content hat immer weiter zugenommen, die Masse ebenfalls - wir haben nicht mehr nur drei oder vier Mods, die Bethesdas eigene Arbeit (für die ja auch die meisten bereit sind zu zahlen) qualitativ überbieten, wir haben davon mittlerweile Dutzende. Und eh diese Modder sich eigenen Spielen zuwenden (weil sie damit Geld verdienen können) oder sich von irgendwelchen Firmen einstellen lassen - beides Dinge, die seit einigen Jahren üblich sind - sollte man ihnen die Option geben, auch mit ihrem Content Geld verdienen zu können und Teil der TES/Fallout-Community zu bleiben.
Modden macht Spaß, keine Frage... aber es steckt auch eine ganze Menge Arbeit und Zeit darin. Zeit, für die ein Danke unter 300 Support-Anfragen für viele nicht wirklich ein Ausgleich ist. Ich bin selbst total für freies Modding, weil ich so keinen Druck auf mir habe und an meinen Projekten arbeiten kann, wann und wie ich will. Aber ich bin nicht so naiv zu glauben, dass andere auch einzig aus Spaß an der Sache modden und das unbegrenzt weiter so tun wollen - manche gehen damit ja sogar offen um. So sagt Alexander J. Velicky beispielsweise selbst, dass Falskaar einzig eine kreative Form der "Bewerbung" für große Studios war. Arthmoor und einige andere arbeiten längst "nebenbei" an ihrem eigenen kommerziellen Spiel, weil "freies Modding" eben, selbst wenn es die ganze Entwicklungsdauer immer nur Spaß machen würde (was es nun einmal leider nicht tut), kein Essen auf den Tisch bringt. Hier kann eben so mancher Modder ein Stück weit "professioneller Spieleentwickler" werden - kann damit natürlich Geld verdienen, hat aber eben auch die Pflichten, wie ein normaler Entwickler und eben nicht die Freiheiten eines normalen Modders.