Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in keiner Verbindung zu sexistischem Verhalten

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SpookyNooky
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von SpookyNooky »

Abe81 hat geschrieben:@SpookyNookie, wenn das dein Beruf ist, dann lass doch mal hören. Wie übersetzt sich denn die menschliche Erbanlage in Verhalten, noch dazu geschlechterbezogen...?
Nicht so, wie es einem oft die Populärwissenschaft glauben lassen möchte. Man darf eben nicht vergessen, dass Gene letztlich für Proteine kodieren. Es kodiert nur ein winzig kleiner Teil des gesamten Genoms letztendlich für Proteine. Der Rest sind repetitive DNA-Sequenzen, wie Satelliten-DNA, SINEs, LINEs etc. Durch Spleißen wird eine gewisse Vielfalt ermöglicht, die beispielsweise die Mannigfaltigkeit an Antikörpern erst möglich macht. Mit dem Wissen, dass Gene "nur" Bauanleitungen für Proteine sind, kannst du dir diese Frage vielleicht selbst beantworten. Oder eben auch nicht, dann bist du so weit wie viele andere. ;)
Es ist extrem schwierig - eigentlich unmöglich - von 'einzelnen' Genen auf das Verhalten zu schließen. Es gibt kein "Aggressions"-Gen, genau so wenig wie es das lang angenommene "Großmutter-Neuron" gibt. Gene kodieren für Proteine. Diese Proteine inhibieren etwas, stimulieren etwas, oder aktivieren wieder andere Gene oder hemmen sie. Dieses Zusammenspiel funktioniert "von Anfang an", d. h. schon die zweieige Zygote regelt, transkribiert und translatiert wie auf Teufel komm raus. Von dieser molekularen Ebene auf Wesenheiten und Persönlichkeiten zu schließen, ist unmöglich. Was nicht heißt, dass es da keine Zusammenhänge gibt. Traurigerweise kommen die meisten Erkenntnisse in der Biologie daher, wenn Dinge schief laufen. Und beim Menschen kann eine Menge schief laufen. Es gibt bestimmte Krankheitsbilder, die auf Gendefekte zurückzuführen sind. Trisomie 21, bestimmt schon mal gehört. Kinder, die solche Gendefekte teilen, haben oft eine ähnliche Persönlichkeit. Das heißt aber nicht, dass eben das defekte Gen für genau diesen Wesenszug verantwortlich (bzw. nicht verantworlich) ist. Das Zusammenspiel der Erbanlagen ist daher so etwas wie ein chaotisches System.

Zur Geschlechtsspezifität kann ich sagen, dass dies biologisch gesehen (nicht psychologisch, also die ungemein wichtige Erziehung und Umfeld mal außen vorgelassen) zum größten Teil auf Sexualhormone zurückzuführen ist. Das Y-Chromosom trägt ziemlich viel Müll, außer einem sehr wichtigen Gen: SRY. Das ist nämlich essentiell für die Anlegung der Hoden. Fehlt zum Beispiel durch eine Mutation das SRY-Gen auf dem Y-Chromosom eines Mannes, so bilden sich keine Hoden aus, der Mann wird stattdessen eine sterile XY-Frau. Es entsteht (durch diesen einen Gen"fehler") eine XY-Frau, die sich in diesem Falle auch als eine solche ("normale" XX-Frau) verhält.

EDIT: Was das Thema Epigenetik angeht: Gene können auch dadurch reguliert werden, dass sie beispielsweise methyliert oder acetyliert werden. Dadurch werden die Histonkomplexe enger gepackt oder eben weniger. Es können sogar die Histone selbst modifiziert werden. Gerade in der Krebsforschung sehr interessant, denn da spielen Methylierungen und Acetylierungen von Genen eine wichtige Rolle. Mit "Persönlichkeit" hat das nix zu tun.
kamm28
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von kamm28 »

Abe81 hat geschrieben:Du schreibst das, als sei Kultur und Natur ein Gegensatz.
Nein, kein Gegensatz. Ich bin für eine Synthese. Allerdings heißt das für mich nicht, dass man sich einem Gegenstand nicht auch rein biologisch nahen kann. Es ist dann eben nur eine spezielle Sicht, die natürlich nie die "ganze Wahrheit" darstellt (was sowieso vermessen wäre), aber trotzdem in Teilbereichen nützliches Wissen liefern kann.

Schön, dass sich mit Wigggenz ein harter Materialist mit eingebracht hat. :D Übrigens kein Kategorienfehler, soweit ich das beurteilen kann. Nur halt eine Sichtweise, die auf anderen Grundannahmen beruht. Deinen Stil, Abe, könnte man wirklich als etwas überheblich betrachten. So kenne ich das nur von ein oder zwei Professoren/Professorinnen.

Das mit der pränatalen Beeinflussung möchte ich gar nicht abstreiten, im Gegensatz - ich denke, dass es genau so ist. Allerdings führt das bei mir nicht zu so einer Ausschließlichkeit wie bei dir. Wie gesagt, ich denke schon, dass auch biologische Faktoren eine Rolle spielen. Also: Die Hormonachsen wären in jedem Fall tendenziell unterschiedlich bei Jungen und Mädchen, auch ganz ohne gesellschaftliche Einflüsse. Gerade in der pränatalen Phase kann ich mir auch nicht vorstellen, dass diese Einwirkungen bei Jungen und Mädchen so grundverschieden sind, dass sich daraus zwangsläufige Unterschiede ergeben.

Im Übrigen kann ich nicht nachvollziehen, warum das Geschlechterverhältnis, das wir heute haben, so rückständig und missverständlich sein soll. Zumindest das, was ich so täglich erlebe, kommt mir meistens recht ausgewogen vor. Unterdrückung und asoziale Tendenzen sind zwar allgegenwärtig, gehen aber von beiden Geschlechter aus. Ich würde das Problem eher darin sehen, dass wir Menschen es nicht gelernt haben, und es nie lernen werden, vernünftig und liebevoll miteinander umzugehen.
Abe81
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von Abe81 »

SpookyNooky hat geschrieben:
Abe81 hat geschrieben:Wie übersetzt sich denn die menschliche Erbanlage in Verhalten, noch dazu geschlechterbezogen...?
Nicht so, wie es einem oft die Populärwissenschaft glauben lassen möchte. [...] Mit dem Wissen, dass Gene "nur" Bauanleitungen für Proteine sind, kannst du dir diese Frage vielleicht selbst beantworten.
[...]
Es ist extrem schwierig - eigentlich unmöglich - von 'einzelnen' Genen auf das Verhalten zu schließen. [...] Von dieser molekularen Ebene auf Wesenheiten und Persönlichkeiten zu schließen, ist unmöglich. Was nicht heißt, dass es da keine Zusammenhänge gibt. [...] Das Zusammenspiel der Erbanlagen ist daher so etwas wie ein chaotisches System.

Zur Geschlechtsspezifität kann ich sagen, dass dies biologisch gesehen (nicht psychologisch, also die ungemein wichtige Erziehung und Umfeld mal außen vorgelassen) zum größten Teil auf Sexualhormone zurückzuführen ist. [...]

EDIT: Was das Thema Epigenetik angeht: [...] Mit "Persönlichkeit" hat das nix zu tun.
Ich wollte damit lediglich gegen die von dir auch kritisierte populärwissenschaftliche Vorstellung wettern, dass Menschen lediglich das Resultat bzw. die Summe der Gene unserer Eltern seien und das den Schlüssel zur Kenntnis über das Individuum darstelle - diese Ansicht ist natürlich selbst schon etwas antiquiert, musste die Genetik doch ihren Titel als 'Leitwissenschaft' an die Neurowissenschaften abgeben.

Meine Frage war ja spezifisch, wie man von Genen auf das (geschlechterspezifisches) Verhalten schließen kann. Und die Antwort hast du ja auch gegeben: Gar nicht. Welchen Zusammenhang es da dennoch gibt, ist nicht klar, kann ja auch nicht klar sein, da man diese 'Natur' nicht isolieren kann. Dennoch gehört es fast zum guten Ton in solchen Diskussionen, immer mal die Evolutionstheorie und Genen zu droppen und zu meinen, damit habe man etwas erklärt.

Was ich unter Epigenetik verstanden habe, ist durchaus das, was du beschrieben hast, womit sich Forschungsfragen darüber ergeben, wie die biochemischen Regulationsmechanismen, die sensibel auf Umwelteinflüsse wie Ernährung und Stress reagieren (was ich ja weiter oben bereits mit Verweis auf Lorenzer schrieb - die kritische Psychologie nennt das passend "gesellschaftliche Natur"), auf den unterschiedlichen molekularen, intra- wie extrazellulären Ebenen interagieren und darüber entscheiden welche Gene 'eingeschaltet' bzw. 'ausgeschaltet' werden. Gerade weil sie die Vorstellung ablöste, dass es tausende von Jahren benötige, bis sich Natur über Mutation verändert, galt sie als das Aushängeschild zum Verständnis des Menschen - und hat eben populärwissenschaftlich als eine Art reformierter Lamarckismus fröhliche Urstände gefeiert.
Abe81
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von Abe81 »

kamm28 hat geschrieben:
Abe81 hat geschrieben:Du schreibst das, als sei Kultur und Natur ein Gegensatz.
Nein, kein Gegensatz. Ich bin für eine Synthese. Allerdings heißt das für mich nicht, dass man sich einem Gegenstand nicht auch rein biologisch nahen kann. Es ist dann eben nur eine spezielle Sicht, die natürlich nie die "ganze Wahrheit" darstellt (was sowieso vermessen wäre), aber trotzdem in Teilbereichen nützliches Wissen liefern kann.
Deine Ausdrucksweise hat nahegelegt, dass du das als Gegensatzpaar begreifst. Und dass man sich irgendwelchen Sachen auch durch Isolation des Erkenntnisgegenstandes auf wenige Variablen nähern kann, ist eben m.E. banal - das ist wissenschaftliches Arbeiten. Das sagt aber gerade auf das Thema bezogen nichts aus. Wie ich bereits vor ein paar Beiträgen schrieb, etwas wissenschaftstheoretischer ausgedrückt: Wenn man sich das ganze mal kulturgeschichtlich betrachtet, merkt man, dass ein biologischer Reduktionismus nichts aussagt über die Varianz des Gegenstandes. Erst die radikale Historisierung kann das offenlegen, d.h. wenn man aufzeigt, wie sehr sich alles über die spezifischen Gesellschaftsformationen verändert hat und was die Genese und Funktion dahinter war. Die Biologie spielt da nur eine Rolle, insofern sie die Grenzen dieser Varianz oder des Spektrums aufzeigt, mehr nicht. Das meinte ich auch mit Verweis auf diese marxsche Wendung der sich selbst transzendierenden Gattung: Im Menschsein steckt so viel Potential, dass man das menschliche Wesen als Erkenntnisgegenstand nicht fixieren kann - nur eben die Grenzen der Gattung in ihrer Naturnotwendigkeit ausloten.
kamm28 hat geschrieben:Schön, dass sich mit Wigggenz ein harter Materialist mit eingebracht hat. :D Übrigens kein Kategorienfehler, soweit ich das beurteilen kann. Nur halt eine Sichtweise, die auf anderen Grundannahmen beruht. Deinen Stil, Abe, könnte man wirklich als etwas überheblich betrachten.
- Kannst du auch Argumente dafür bringen, warum das kein Kategorienfehler sein soll? Das ist sogar das klassischerweise genannte Beispiel eines Kategorienfehlers, wenn man sich ein wenig in die Geschichte des Leib-Seele-Problems einliest. Es geht ja nicht um 'Sichtweisen', sondern Wahrheit. Ein Ufologe hat sicherlich auch seine 'Sichtweise' auf dieses Thema. D.h. man muss schon angeben, was da 'synthetisiert' werden soll. In der Abstraktheit, dass man für eine Synthese sei, ist das so richtig wie nichtssagend. Wiggenz war da äußert konkret, deswegen auch so leicht zu widerlegen.

- Mein Stil mag überheblich sein. Aber das ist eben auch nicht mehr: Eine Stilfrage. Wie soll man auch in einem Thread diskutieren, in dem Gestalten den Ton angeben, die ein Musterbeispiel für von Erkenntnis und Argumenten unberührter Misogynie abgeben oder ihr anti-intellektuelles Ressentiment ausleben und es die anderen nicht schert. Wie du vielleicht bemerkt hast, ist mein Ton z.B. dir gegenüber ein anderer.
kamm28 hat geschrieben:Das mit der pränatalen Beeinflussung möchte ich gar nicht abstreiten, im Gegensatz - ich denke, dass es genau so ist. Allerdings führt das bei mir nicht zu so einer Ausschließlichkeit wie bei dir. Wie gesagt, ich denke schon, dass auch biologische Faktoren eine Rolle spielen. Also: Die Hormonachsen wären in jedem Fall tendenziell unterschiedlich bei Jungen und Mädchen, auch ganz ohne gesellschaftliche Einflüsse. Gerade in der pränatalen Phase kann ich mir auch nicht vorstellen, dass diese Einwirkungen bei Jungen und Mädchen so grundverschieden sind, dass sich daraus zwangsläufige Unterschiede ergeben.
Welche Ausschließlichkeit? Was schließe ich wovon aus? Die Frage ist ja auch nicht, was man sich vorstellen kann, sondern was die Empirie darüber aussagt. Niemand hier oder sonstwo bestreitet ja bestimmte physiologische Unterschiede, die Frage ist nur, welchen Anteil an Varianzaufklärung des Merkmals sie leisten können. Und da ist der Anteil eben verschwindend gering.
kamm28 hat geschrieben:Im Übrigen kann ich nicht nachvollziehen, warum das Geschlechterverhältnis, das wir heute haben, so rückständig und missverständlich sein soll. Zumindest das, was ich so täglich erlebe, kommt mir meistens recht ausgewogen vor. Unterdrückung und asoziale Tendenzen sind zwar allgegenwärtig, gehen aber von beiden Geschlechter aus. Ich würde das Problem eher darin sehen, dass wir Menschen es nicht gelernt haben, und es nie lernen werden, vernünftig und liebevoll miteinander umzugehen.
Hm... nochmal: Ich schrieb ja bereits oben, in Bezug auf die bunte, geschlechterbezogene Warenwelt, dass es mir nicht um einen Teilaspekt des Geschlechterverhältnisses geht, sondern um dessen Totalität.. Dass also jede menschliche Regung pseudo-biologisch auf das Geschlecht reduziert wird. Bei einer Frau müssen nur mal an der falschen Körperstelle Haare sein, schon ist es aus mit der von dir behaupteten 'Ausgewogenheit'. Ich fasse m.E. den Begriff weiter als du. Was du vielleicht meinst, sind die fiesen Sexisten, die sich selbst als solche bzw. Macker sehen und verhalten. Was ich meine ist die generelle Stellung der Geschlechter in der Gesellschaft.
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SpookyNooky
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von SpookyNooky »

Heidewitzka, mit Abe würde ich gerne mal was trinken gehen und ein Gespräch führen.

Auch wenn wir uns offensichtlich in einigen Dingen einig sind... da fällt mir ein: Wer hat denn initial überhaupt behauptet, Gene sind das Maß aller Dinge und setzen unser Verhalten fest?!
Noch mal: Auch wenn wir uns offensichtlich dahingehend einig sind: Was Wigggenz schrieb, sehe ich - wenn ich den Kern der Aussage richtig deute - genau so. Damit meine ich, dass nichts Wahrnehmbare in unserer Welt - und dazu zähle ich auch ausdrücklich jede Entität mit hinzu - mehr ist, als die Summe seiner Teile. Diese Teile können interagieren, zu einem chaotischen System führen und schwer auseinanderzudröseln sein, aber außer diesen Teilen gibt es nichts anderes.
Ein paar Beispiele:
Früher dachte man, es gibt eine Art "Äther" als Trägersubstanz für elektromagnetische Strahlung, so wie Luft der Träger für Schallwellen sind. Heute weiß man, dass sich elektromagnetische Strahlen fortpflanzen, auch ohne Trägermedium.
Ich zitiere hier jetzt den kleinen Alberts aus "Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie":
Bis ins 19. Jahrhundert war es weithin akzeptiert, dass tierische Lebewesen eine Lebenskraft (eine anima) beinhalten, die für ihre charakteristischen Eigenschaften verantwortlich ist. Wir wissen nun, dass es in lebenden Organismen nichts gibt, was nicht chemischen oder physikalischen Gesetzen gehorcht. Zitat Ende.
Wenn ich dich nicht missverstanden habe, bist du aber dieser Sichtweise etwas abgeneigt und bist eher dazu geneigt, die Teile als Gesamtheit zu sehen, die zusammengesetzt aus Einzelteilen so nicht funktionieren könnte. In der Biologie hat man in diesem Zusammenhang häufig in der optischen Wahrnehmung von gehört. Wir Menschen nähmen so viel wahr, auch durch optische Täuschungen, dass das alles gar nicht auf atomarer Ebene funktionieren könne, siehe auch Gestaltpsychologie. Doch auch die ganzen Höchstleistungen, zu denen unser Gehirn fähig ist, um Dinge wahrzunehmen, lassen sich biologisch erklären.

Tatsächlich sehe ich mich als aufgeklärten Menschen dazu verpflichtet, alles was darauf abzielt, eine anima, eine dritte Kraft, oder ein "Gedächtnis des Wassers", um mal auf die Plage Homöopathie hinzuweisen, zu ersinnen, Humbug zu nennen. Denn da sind wir sehr schnell in der Esoterik und da klinke ich mich aus.

Und genau so habe ich auch die Worte "Der Mensch ist zu 100% ein Naturwesen, da sich alles, was er so denkt, auf Reaktionen im Gehirn zurückführen lässt. Alles andere wäre übernatürlich, was Humbug ist." verstanden.
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Wigggenz
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von Wigggenz »

So war es auch zu verstehen. Es gibt nichts, dass nicht im allerletzten Schritt auf naturgesetzlich erklärbaren Vorgängen beruht.

Das spricht aber Soziologie und den anderen Geisteswissenschaften nicht ihre Existenz ab. Was ich aber gar nicht abkann, ist, wenn so etwas auf dieselbe Ebene mit Natur gestellt oder überhöht wird.

Soziologische Techniken eignen sich viel besser als alles andere um zu beschreiben, wie eine Gesellschaft funktioniert. Ist ja auch kein Bullshit, sondern eine empirische Wissenschaft. Dazu braucht man gar nicht sich auf Teilchenebene hinabzubewegen, auch wenn da letztlich die Erklärung für alles liegt (wovon ich überzeugt bin). Aber Gesellschaftsphänomene auf einer Teilchenebene zu diskutieren macht keinen Sinn, weil man da sowieso nichts ändern kann. Aber die Physik wird immer der "letztverantwortliche" sein.
Abe81 hat geschrieben:Wiggenz war da äußert konkret, deswegen auch so leicht zu widerlegen.
Aha. Du behauptest also, dass es menschliche Denk- oder Verhaltensweisen gibt, die durch keine Vorgänge im Gehirn bedingt werden?
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Sir Richfield
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von Sir Richfield »

Wigggenz hat geschrieben:
Abe81 hat geschrieben:Wiggenz war da äußert konkret, deswegen auch so leicht zu widerlegen.
Aha. Du behauptest also, dass es menschliche Denk- oder Verhaltensweisen gibt, die durch keine Vorgänge im Gehirn bedingt werden?
Du scheinst noch nicht viel Kontakt zu Menschen gehabt zu haben, wenn du die Frage so stellst. ;)

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Wigggenz
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von Wigggenz »

Sir Richfield hat geschrieben:
Wigggenz hat geschrieben:
Abe81 hat geschrieben:Wiggenz war da äußert konkret, deswegen auch so leicht zu widerlegen.
Aha. Du behauptest also, dass es menschliche Denk- oder Verhaltensweisen gibt, die durch keine Vorgänge im Gehirn bedingt werden?
Du scheinst noch nicht viel Kontakt zu Menschen gehabt zu haben, wenn du die Frage so stellst. ;)
Bleib mal ernst, Richy.

Gehirn steht ja nicht für Intelligenz. :D
Abe81
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von Abe81 »

SpookyNooky hat geschrieben:Wer hat denn initial überhaupt behauptet, Gene sind das Maß aller Dinge und setzen unser Verhalten fest?!
Hier muss man wohl ein paar Ebenen auseinanderhalten. Ich ging auch davon aus, dass das aus meinen Beiträgen klar ersichtlich ist, weil ich sowas ja immer auf einen gesellschaftlichen Trend rückbezogen habe, bzw. die Ebene der Diskussion auch hergestellt. Untergeschoben - wie es in deiner Nachfrage anklingt - habe ich niemandem etwas. Wenn ich z.B. von 'Leitwissenschaft' schreibe, ist das ja deutlich markiert, dass ich damit das Bild von Wissenschaft in der Gesellschaft meine, gegen das ich argumentiere und nicht eine spezifische Aussage eines Mitdiskutanten. Dieses Verständnis von Wissenschaft liegt der Diskussion aber ja zugrunde.

- Explizit entzündet hat sich dass ja daran, dass kamm28 in diesem Beitrag als minimale Differenz unserer Positionen darauf hinwies, dass es seiner Überzeugung nach pränatale Entwicklungen entlang der biologischen Geschlechtergrenze gebe, die für Unterschiede sorge.

- Die Beiträge, die sich expressis verbis darauf bezogen, dass es die Evolution, die Gene usw. seien, also das 'Maß aller Dinge' sind, sind gelöscht worden - vielleicht weil das auch die Beiträge waren, in denen immer wiederWörter wie "FemNazi" zu lesen waren. Zu Haufe finden sie sich noch in den Vorgängerthreads dieses Forums, selten in diesem Thread (vielleicht wegen der restriktiveren Löschung).

Dass Gene das Maß aller Dinge seien, war aber - wie ich ja bereits schrieb - die gängige Meinung in den ~90er Jahren. Dinge, wie das Human Genom Project, die Popularisierung der Epigenetik und Systembiologie trugen dazu bei. Das wurde dann ja irgendwann von dem Neurogedöns abgelöst. Noch immer populär in der Alltags-Dachmansarde ist die Evolutionstheorie. Dieses Denken entspricht einer gesellschaftlichen Tendenz, nicht einer absoluten Überzeugung. Diese Form des Denkens bildet Alltagsideologien darüber, wie das genau mit den Männchen und Weibchen funktioniere. Es eskamotiert Denken, dass sich auf historische und gesellschaftliche Bedingungen bezieht.

Die Aussage "100% Naturwesen" ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Dank dafür an den Autor und seine flapsigen, unbedachten Worte. Auch seine prototypischen Aussagen bezüglich des Wissenschaftsverständnisses können gut für meine These vom Alltagsverständnis herhalten:

Prozentrechnung macht hier ja offensichtlich keinen Sinn. Wie ich gezeigt habe ist das ja sowohl 100% Natur wie auch 100% Kultur. Wenn dieser Aussage auch der banale Kategorienfehler zugrunde liegt, Bedingung und Grund zu verwechseln, steht das symptomatisch für dieses Denken. Hier wird Natur als ein Vorrangiges, Erstes gedacht, dass der Kultur vorgelagert sei. Aus den Formulierungen zeigt sich, dass auseinandergerissen wird, was man nicht auseinanderreißen kann. Zumindest nicht auf dieser Ebene der Diskussion (in wissenschaftlicher Forschung ist das natürlich überhaupt erst die Grundlage, das analytisch trennen zu müssen). [btw: Mit Atomismus vs Holismus hat das m.E. nichts zu tun. Ich verstehe deinen Gedankengang da auch nicht]

Physik sei hier die Letztwissenschaft, in der die Erklärung für alles liege, so die lustige Aussage. Dem unterliegt zwar wieder der banale Fehler, Bedingung und Ursache bzw. Grund zu verwechseln, aber es geht mir ja auch nicht um eine Korrektur (das ist ja offensichtlicher Unsinn), sondern darum, an diesem lakonischem Geraune aufzeigen zu können, wie sich an solcherlei Denken eben auch das über das Geschlechterverhältnis haftet (wen es interessiert, warum das Fehler sind und nicht nur verschiedene 'Perspektiven': Ich habe da ja weiter oben bereits auch korrigiert und diverse Quellen angegeben; auch Links zu kurzen und bündigen Erläuterungen, man muss sich also nicht durch einen ganzen Vortrag hören).

Zu behaupten, Physik sei die letzte Wissenschaft, müsste streng genommen ja zu einem absoluten Determinismus führen, der einen in Diskussionen zum säkularen Quietisten machen sollte. Aber da (Alltags-)Ideologie keinen Wert auf Konsistenz und Kohärenz legt, finden sich da allerlei Widersprüche, an denen man erklärend ansetzen kann. Mir geht es eigentlich damit wieder um diese Setzung einer Trennung von Physik als der primären Wissenschaft und Soziologie und andere Sozialwissenschaften als ephemere Laberfächer. Mir geht es auch nicht um die Grabenkämpfe des Geltungsanspruches von Fachdisziplinen gegenüber anderen, sondern um das dahinterliegende Weltbild. Das ist nämlich ein naiver Physikalismus, der die unterschiedliche Qualität von z.B. Gehirn und Psyche nicht mehr fassen kann; den qualitativen Unterschied zwischen Hirnaktivität und Denken. Oder die qualitativen Unterschiede zwischen Anatomie, Leib, Körper und Subjekt. Aus diesem Reduktionismus lässt sich schlechterdings gar nicht mehr erklären, warum sich menschliche Gesellschaften so entwickeln konnten, wie sie es getan haben. Es ist also eine Art Weigerung, die Welt in ihrem Gewordensein verstehen zu wollen.
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Wigggenz
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von Wigggenz »

Wenn du Fragen einfach beantworten könntest, anstatt dich hinter deinem überheblichen selbstbeweihräuchernden Wall of Texts zu verstecken, von denen du ohnehin weißt, dass dein Gegenüber keinen Bock hat das zu lesen, that would be great... :roll:
Freakstyles
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Re: Studie aus Deutschland: Sexistische Inhalte stehen in ke

Beitrag von Freakstyles »

Sehr interessant Spooky und Abe. Ich hab zwar nur die hälfte verstanden, aber diese hälfte war auf jedenfall spannend :lol:
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