Svenc hat geschrieben: ↑20.03.2017 07:15
- Weil es eine detaillierte Umsetzung von Pen&Paper ist, kein halbinteraktiver Hollywood-Schinken, der nie einen Oscar gewinnen würde -- und zwischen dessen Selbstablauf-Sequenzen ich hier und da eine Dialogwahl treffen und ein paar Kämpfe bestreiten darf
Mit der Story und dem Pacing von BG I gewinnt man auch keinen Oscar. Und dass es auf einem P&P-System basiert, ist teil des Problems. Ein gutes P&P-System (und so gut ist das AD&D-System nicht mal) ist eben für schier endlose P&P-Kampagnen gedacht, nicht für beschränkte (sowohl zeitlich als auch in der Improvisation des SL als auch in der schieren Interaktivität der Welt) Videospiele.
Svenc hat geschrieben: ↑20.03.2017 07:15
- Weil es mich nicht wie einen Quereinsteiger behandelt, der noch nie in seinem Leben ein Rollen- oder Videospiel gespielt hat
Eigentlich macht es noch etwas viel schlimmeres: Bei der Charaktererstellung ("Garstige Zufallswerte, verschwindet in der Spielehölle") geht es nicht nur davon aus, dass du AD&D kennst, sondern auch weißt, welche Waffen-Skills und welche Zauber und welche generelle Entwicklung in diesem speziellen Spiel sinnvoll sind. Danach kriegst du über Stunden, inklusive eines (zumindest optionalen) Tutorials nur hotzenplotziges, dröges Blabla. Und dann geht das Spiel los.
Svenc hat geschrieben: ↑20.03.2017 07:15
- Weil gerade das Original seine Welt als zu erforschende Spielwelt begreift und nicht wie einen Abenteuer-Spielplatz aufbaut, an dessen Ausläufen ich Achievements unlocken darf, Stuss sammeln kann und alle fünf Sekunden auf eine Beschäftigungstherapie treffen
Das geht zu mindestens 80% auf die existierende AD&D-Welt, die tatsächlichen Nebenquest sind wirklich häufig dröge Sammelqeusts und Dialoge mit Pappaufstellern.
Svenc hat geschrieben: ↑20.03.2017 07:15
- Weil bereits die Reise von Kerzenburg zum Freundlichen Arm so noch immer ein Abenteuer und eine Reise ins Ungewisse ist, auch mit Auszeiten dazwischen. Kein Mausklick, Quicktravel oder eine selbstablaufende Zwischensequenz, von sorgsam temperierter Äkschn und Explosionen streng nach Skript unterbrochen
Dafür wird sie unterbrochen von einem furchtbaren Kampfsystem, das auf Stufe 1 eher auf Zufall denn etwas anderem beruht und der Entdeckungsdrang und das Karten-Aufdecken ist vielleicht bis zum Freundlichen Arm spannend, dann wird es arg öde.
Svenc hat geschrieben: ↑20.03.2017 07:15
- Weil sein Kampfsystem keine halbgare Fokusgruppentest-Notlösung zwischen Äkschn und Taktik ist
Das Kampfsystem ist so was von halbgar. Aus Gründen einer besseren Präsentation hat man kein Rundensystem verwendet, sondern ein Pseudo-Echtzeit-System. Wenn du aber deine Möglichkeiten ausnutzen willst, dann musst du das Spiel permanent pausieren und deine trotteligen NPCs mikromanagen. Damit geht dann jede Dynamik verloren. Die ultradämliche Bewegungs-KI der NPCs macht es dann in vielen Fällen wirklich ärgerlich.
Svenc hat geschrieben: ↑20.03.2017 07:15
- Weil das Spielprinzip klar auf eine Plattform ausgelegt ist, und kein Kompromiss, der auf völlig unterschiedlichen Eingabegeräten funktionieren muss
Joa, passt
Svenc hat geschrieben: ↑20.03.2017 07:15
- Weil es trotz seines biblischen Alters im Gegensatz zu RPG-Opas in die Ära fällt, in der Hardware und Speicherplatz kein riesiges Hindernis mehr war. Entsprechend gilt der Nachfolger noch heute als eines der üppigsten Spiele des Genres, in jeder Hinsicht
Stimmt auch. Oder um es deutlicher zu machen: In einer Zeit, als man sich für neue Titel regelmäßig neue 3dfxKarten kaufen musste lief BG auf recht vielen PCs. Ohne Hardwareupgrade. Und was es dazu noch hat: Es sieht heute noch hübsch aus. Die gezeichneten Hintergründe sind wunderschön und stimmig, während man die etwa zeitgleisch erscheinenden aufwändigen 3d-Titel heute sich kaum anschauen kann.
Aber damals war Bioware allein auf weiter Flur. Nicht nur was Rollenspiele betrifft, sondern was generell Spiele mit ernsthafter Story und Charakteren angeht. Die gab es nicht. JRPGS gab es in Europa kaum (Nintendo hat ja die SNES-Dinger kaum außerhalb Japans veröffentlicht und erst recht nicht nach Europa gebracht). Außerdem gab es eine weitaus größere Diskrepanz zwischen PC und Konsolen-Gaming. Westliche PC-RPGs waren Ego-Dungeon Crawler und seit den frühen 90ern ausgestorben, JRPGS waren im Westen eher unbekannt und wurden nur von Konsoleros gespielt, Story-Spiele waren mit dem Ende der P&C-Adventures (die sich nie ernst genommen haben) tot. Bioware trifft auf eine riesige Zielgruppe aus immer "erwachsener" werdenden Gamern, die ein ernsthaftes Story-Spiel haben wollen. und möglichst nicht im Manga-Design (Das war zu der Zeit im Westen noch weit problematischer)
Ich bin Bioware sehr dankbar dafür, dass das möglich ist. Und heute kümmern sich viele Entwickler um Story und Charaktere, damals hat das fast niemand gemacht. BG ist ein wenig wie der erste Donkey Kong-Automat. Hey, das ist mit das erste J&Rn, zum ersten Mal erzählte Story im Spiel... geil. Ist Donkey Kong heute noch ein wirklich gutes Spiel? Nein. War es wichtig? Ja. Aber während dann die Super Mario Bros-Sachen kamen gab es bei Bioware leider wenig Entwicklung. BG2 hat die gleichen GamePlay-Fehler, aber die deutlich bessere Story, bessere Charaktere, besseres Pacing und ist der absolute Höhepunkt des Studios.
Als es dann mit KotOR in die dritte Dimension ging, ging es endgültig bergab. KotOR ist, selbst für die damalige Generation, ultrahässlich. Künstliche Charaktere in langweiligen Landschafen und in miesen Raumschiff- und Höhlentexturen aus trostlosgrau und einödocker. Die Generation (war ja ein Konsolenspiel) bringt uns Halo, Resi 4, Metroid Prime. Die kann man sich noch anschauen. KotOR sieht cacke aus. Unglaublich schlecht gealtert. Dann hat es immer noch dieses halbgare Kampfsystem zwischen Echtzeit und Rundenkampf mit Pausenzwang. Aber man kann durch die meisten Noob-Gegner, sobald man Jedi ist, durchrennen. Die KI-NPCs rennen durch die Sprengstoffe, weil sie blöd sind oder bleiben irgendwo hängen. Der eher dröge Einstieg auf dem ersten Planeten ist der wohl schwierigste Part des Spiels, weil man da tatsächlich wegen der niedrigen Lebenspunkte und des fehlenden Heil-Spammings sterben kann.
Die "moralischen Entscheidungen" variieren zwischen Kindermörder und Mutter Teresa und deinen NPCs ist es - bis auf einen kleinen Kommentar - völlig egal, ob du dich als massenmördernder Typ durchschnetzelst oder nicht. Und als Spieler hast du niemals auch nur eine moralische Entscheidung zu treffen, es ist immer völlig klar, wer die Bösen und wer die Guten sind. Du musst nicht entscheiden "Was ist richtig?", sondern "Will ich gut oder böse sein?"
Und dann diese Mini-Games aus der Hölle. Pazaak ist ja einigermaßen ok, aber hässlich präsentiert, das Podrennen und die nervige ShootEmUp-Einlage, die man immer wieder zwischen Reisen absolvieren muss, sind in Zeiten von Spielen wie Rogue Leader nicht nur ultrahässlich, sondern ultrastupide. Die spielen sich wie (schlechte) 80er-Arcade-Maschinen. Nur hatten die in den 80ern ne tolle Grafik und halt ne Arcade-Maschine.
Dann haben wir noch ein Inventar, das so übel isst, dass es Palpatine selbst designt haben muss. Und Rätseldesign? Nicht im geringsten im Gameplay drin, sondern Gefangenendilemma, Zahlenreihen oder anderer Kram in hässlichen Menüs. Während andere Spiele zu der Zeit 3-D-Dungeons mit Gameplay-Rätsel designen gibt die KotOR langweilige Raumschiffe, bei denen man die dritte Dimension nicht spürt und statt eines Rätsels könnte das Spiel dir auch sagen: "Kauf die anne Tanke das nächste Rätselheft und lös darin zwei Rätsel, dann gehts weiter." Die haben nix mit dem Spielinhalt, dem Gamedesign oder sonstwas zu tun, sondern sind simpel.
Ud dann diese Charakterentwicklung. Die in Sicherheit oder Computerkram usw eingesetzten Punkte sind für das Spiel sowas von überflüssig. Kannst fast alles ohne diese Fertigkeiten machen. Wofür holen die die rein, wenn man sie nicht braucht? Das ist in KoTOR II soviel besser, wenn es auch da noch am System leidet.
Und bei der Story wiederholen wir quasi den BG-Spoiler? Toll!!
Tolle Charaktere, großartige Star Wars-Atmosphäre, viele Anspielungen auf Star Wars und das EU für Nerds, super Soundeffekte. Aber der Rest?
In dem in Rekordzeit (und mit Bugs erschienenen) KoTor II wischt Obsidian mit der Bioware-Geschichte mal eben den Boden auf, hat ein besseres Beziehungssystem, mehr moralische Entscheidungen für den Spieler und macht auch noch Gameplay-Technsich diverse Fortschritte.