4P|BOT2 hat geschrieben:Die Amerikaner haben sich mit ihrer Art Rollenspiel nicht an den Massengeschmack angepasst, sondern sie haben ihre eigenwillige Interpretation des virtuellen Abenteuers über all die Jahre salonfähig gemacht. Sie haben anno 1996 mit The Elder Scrolls II: Daggerfall ein sehr seltsames Spiel für Freaks entwickelt, das vor allem zwei Dinge kennzeichnete: die riesige 3D-Welt und die vielen Bugs. Von da an waren inhaltliche Faszination und technische Ernüchterung stets zwei Konstanten, die sowohl ihre Fantasy als auch Endzeit bis heute begleiten. Trotz dieser offensichtlich fehlenden Harmonie konnte diese Art des Spiels immer mehr Leute faszinieren - aus der Nische wurde Mainstream.
Ich finde, in dem Begriff "technische Ernüchterung" werden zu viele Aspekte zusammengefaßt, die getrennt behandelt werden sollten.
Ich persönlich fand in Bezug auf die grafische Qualität das technische Grundgerüst von TES:Arena bis Fallout4 immer zumindest solide und zweckmäßig, meistens mehr als das.
Hohe Bugdichte ist schon ein anderes Thema, aber ich kann den Zusammenhang zwischen Viel Spiel und Vielen Bugs verstehen und konnte mich auch immer damit arrangieren . Auch würde ich hier langfristig eine Tendenz zum Besseren hin unterstellen, Arena war bsw. noch völlig unspielbar.
Aber die nicht unerheblichen Einbußen in der Bedienfreundlichkeit für Maus und Tastatur, die sind erst seit Skyrim mit von der Partie. Mag sein, Mausspieler sind als Zielgruppe nicht mehr relevant genug, aber betroffen sind damit viele, die Bethesdas Entwicklung direkt miterlebten, die jahrzehntelang unentgeltlich die Werbetrommel gerührt und Bethesda als Kunden und Modder unterstützt haben.
Sicherlich schaffen es Bethesda immer wieder ihrer Spielwelten um großartige Ideen und neue Facetten zu bereichern, aber zuletzt in stärkerem Maße zulasten der Komplexität anderer Bereiche. Zu Skyrim wurden hier im Forum über die Zeit eine ganze Reihe mit einiger Wucht daherkommender Argumente diskutiert, bezüglich ernsthaft in Frage stellbarer Designentscheidungen weit abseits von Banalitäten wie Texturauflösung. Ich brauche das jetzt nicht alles wieder hervorholen.
Die Oblivion-Nebenquest "Paranoia" steht für mich in fast ikonischer Weise für das Ideal von interaktivem Storytelling, für eine echte, vielschichtige Symbiose von Spiel und Handlung. Kein: bleib hier stehen und dir wird was erzählt, dann lauf da drüben hin und kuck den Knalleffekt an und danach gibts wieder was erzählt. Sondern eine subtile Einladung zum Beobachten, eine ungemein belohnende Erfahrung des Eintauchens, wenn man dieser Einladung, sich auf das Spiel einzulassen und die Tiefe seiner Kulissen zu ergründen, Folge leistete und entgegen der Gewohnheit aktiv zum passiven Beobachter wurde und auch die Pointe nicht verpaßte, die ihre Form in den Ereignissen fand, die ihen Lauf nahmen, nachdem die Quest bereits als beendet aus dem Journal gestrichen und der Spieler in die Welt entlassen war.
Für mich Eine aus einer Reihe von Quests, die zu den Besten gehören, die je in einem Spiel umgesetzt wurden und der beste Beweis dafür, daß man sich bei Bethesda durchaus auf die hohe Kunst der leisen Töne versteht. Und mehr als das, sogar bereit war einer Vision zu folgen, in der Spielfreiheit ganz selbstverständlich mit Eigenverantwortung für Spielspaß einhergeht, auch auf die Gewissheit hin, daß der überwiegende Teil der Spieler nicht aufnahmefähig genug ist um wahrzunehmen, was sich auf Ebenen hinter den gewohnten Arbeitsroutinen abspielt.
Daher kann ich die Hauptquest von Fallout4, von der alles was ich bisher gesehen habe, sich an Plattheit und zwanghaftem Rollenvorgabefaschismus nur schwer überbieten läßt, nicht als statistischen Fehlgriff abtun, das ist ganz klar "Dünnes on demand"!
Und daß der eigenständig redende Spielcharakter und das in diesem Zusammenhang in gewisser Weise grundlegend veränderte Dialogsystem inklusive aller damit einhergehenden Einschränkungen, daß das eine linientreue Weiterentwicklung ist und nichts mit Anbiederung an den Massengeschmack zu tun hat, alle Ähnlichkeiten zu Erfolgsprodukten der Konkurrenz also auch nur rein zufällig sind, DAS kann mir nun Niemand verkaufen.