Schön gesagt und Recht dabei, sofern du konstruktiv, positiv mit gut assoziierst.
Wie jeder weiß ist eine Erdrosselung, ein Mord, Totschlag nicht immer böse, zumeist auch nicht gut, das Wesen eines Gewaltaktes steht ja schließlich immer im Kontext der Situation und des Betrachters.
Klar, Gewalt ist einer dramaturgisch spannenden Geschichte nur zuträglich, mich stört aber nicht das WARUM, sondern das WIE!
Was Jörg hier zu meinen versucht, ist dem Krieg und der Gewalt mehr Tiefe, Sinn und ja, Mitgefühl einzuverleiben. Kann man Gewalt und Krieg denn einen "guten" Tiefsinn geben? Nein!
Und nun sei erst mal dahingestellt, welcher Aspekt einer Gesinnung vertreten wird. Ich persönlich möchte auch weder im Himmel, noch in der Hölle landen. Absolut ist die Welt und ich selbst genug.
=>Beispiel:
Nehmen wir an, Klaus steht auf meine Freundin Dörte. Er macht aus Eifersucht und aufdringlichen Geltungsdrang meine Beziehung mit ihr zur Qual und treibt sie durch seine immanente Leidenschaft in den Ruin. Ich verliere Dörte. Sie ist alles was ich hatte, ich habe nichts mehr. Wütend, rachsüchtig, traurig wie ich nun bin, verliert sich meine einst so philanthropische, romantische Art in brennendem Hass und es gibt nichts, dass mich aus meiner Gefühlsisolation, Apathie befreien kann.
Doch eines ruhigen Abends ruft mich Dörte plötzlich an. Mir stockt der Atem, es liegt ein Zittern in ihrer Stimme. Eilig und unter Tränen stammelte sie, Klaus habe sie benutzt und entführt und sie befinde sich in einer klammen Baracke tief in einem dunklen Wald. In ihrer Verzweiflung beteuert sie noch ihre stete Liebe zu mir und wie sehr sie mich vermisse. Das Telefonat bricht ab...
Hier begann das Videospiel und du hast mich mit dem Gamepad in der Hand.
Du spielst nun nicht den wie eben erfahren sinnlichen, friedlichen Charakter, sondern ein Monster, das aus purer Rache zum Mörder wird. Du fühlst seine Rachsucht mit, fest entschlossen alles zu tun, damit Klaus leidet, stolpert, stirbt. Dieser Bastard.
Zusammen haben wir alles durchgemacht, vermeintliche Handlanger die er uns in den Weg stellte tricksten wir aus und umgingen sie, während wir noch unterschwellig erfuhren, dass Klaus Menschenhändler ist. Wir lösten wie üblich Rästel und konnten so die Position von Dörte erfahren. O, endlich sind wir im dunklen Wald angekommen und stellten Klaus in seiner Baracke.
DA, PLÖTZLICH!!! QUICKTIMEEVENT! Bevor er schießen konnte reißt du ihn zu Boden, schlägst 13 mal in seine beschissene Fresse, trittst ihn in den Bauch, greifst nach einem Stahlrohr und zertrümmerst ihm einige Knochen, dass es knackt und schmatzt! Deine Wut wird zum Exzess! Er atmet noch! Treiben wir ihm Holzsplitter unter die Fingernägel? Trennen ihm Gliedmaßen ab? Eine Galette vielleicht? Ja! Aber ein Draht muss ausreichen. Du wickelst ihm diesen 2 Mal um den Hals und hämmerst auf die X-taste deines Controllers. Klaus würgt, schluchzt, reißt seinen Mund unnatürlich weit auf und seine Augen quellen aus dem Kopf. Seine kläglichen Hilferufe zerquetschen sich mit dem Kehlkopf, in den sich der Draht gräbt. Nach 20 Sekunden rührt Klaus sich nicht mehr. Regungslos und Blau angelaufen liegt er unter dir am Boden.
Dir, Spieler, war es ein Leichtes und du empfindest Mitgefühl, Befriedigung, Verstörung. Der Protagonist hat sein Ziel erreicht und Dörte wiedererlangt. Wäre es auch anders gegangen?
Du, Spieler, hast nichts erreicht, außer die Erfahrung eines "fühlbaren" Mordes.
Bis zum nächsten Mal. Du freust dich auf den nächsten Teil, der wird noch besser (brutaler?), weil das von eben kennst du ja jetzt... Hm... Und... Es war ja schon irgenwie GEIL...
Der Abschreckeffekt mutiert zur verlockenden Sünde, wie für Kinder das Verbotene...
Mögliche Folgeerscheinung: Steigender Reiz, Verrohung, Spiegeleffekt...
Mögliche Alternativerscheinungen: Realitätsfremde, Angst, soziale Dissonanz...
Man denke noch zusätzlich an die jüngeren und noch kommenden Generationen...
Wo soll das enden? Wo stehen wir jetzt schon?
Die größte Gefahr geht hier vom einzelnen Menschen aus...
Ach übrigens, Herr Luibl, das indizierte Manhunt lässt grüßen, wenn sich jemand mit diesem vernunftkranken Spiel schonmal verstört haben sollte und das in kleineren Kreisen sehr sehr beliebt war... *kopfschüttel*
Abstand halten und flexibel bleiben. Angst ist die Offenbarung der Freiheit.