Thommy741 hat geschrieben:Dass viele hier aufschreien "das Spiel wäre nicht gruselig" hat doch sicherlich auch was damit zu tun, dass unsere Gesellschaft (und gerade Videospieler und Horrorfilm-Liebhaber) auf Dauer einfach "abstumpfen" was gruselige Inhalte angeht. Ein blutverschmiertes Zimmer ist auch nur die ersten hundert male gruselig und ja - ihr sehr ja selbst wieviel "gore" bereits in "The Evil Within" ist, weil die meisten das Thema einfach nur noch mit Metzgern, Fleisch und Blut verbinden.
Ich glaube diejenigen, die sich storytechnisch "langweilen" sollten das Ganze vielmehr als "atmosphärischen Survival-Titel" zu sehen, denn das werde ich auch tun und mehr erwarte ich von dem Spiel auch nicht.
Sein wir ehrlich: In letzter Zeit ist Horror einfach etwas unkreativ geworden und jeder von uns kann sicher ganz easy ne Liste mit 20+ Horror-Tropes anfertigen, die er bereits VOR DEM TRAILER alleine vom "Namen" und 1-2 Screenshots erwartet hat. Wirklich überrascht hat mich sowieso kaum ein Videospiel in letzter Zeit und jemand ohne "Schockmomente" effektiv für einen langen Zeitraum zu gruseln ist schon eine hohe Kunst.
Etwas in die Richtung hätte ich auch erst vermutet, aber Alien Isolation ist so klassischer Monsterhorror wie es nur geht, und das funktioniert wunderbar. Ein erfahreneres Publikum erkennt Horrorklischees sehr schnell, und Alien nutzt diese ebenfalls, nur wirken sie, weil man im Idealfall einfach nicht daran denkt, dass es sich lediglich um ein Spiel hält.
Horror basiert auf Atmosphäre und Themen, die man aufbauen muss. Genauso gibt es Pacing, damit er sich erhält und Schreckensmomente erzeugen kann, wenn man sie nicht erwartet. Spoiler für die ersten 30 Minuten incoming, dass umschreibt das Problem imo ganz gut:
Schon die Eingangshalle: Leichen an sich sind nicht unheimlich, noch weniger heute. Nur nutzen Horrorspiele seit Ewigkeiten eben Tricks, die bis heute einer Szene ihre Stimmung verleihen: Ein ausgearbeitetes Vorspiel, flackerndes Licht, unbestimmte Geräusche, schaurige Musik, ein Gewitter, rauschende Fernseher. Spiele und Filme nehmen sich Zeit.
Was hatte EW? Eine Taxifahrt mit einer handvoll unbestimmer Charachtere, sowieso einem lehren Platz vor dem Gebäude. Und dann ein langweiliger Raum mit ein par Toten. Außerden denen war da überhaupt nichts von Interesse.
Im Anschluss wirft es einem gleich erst einen teleportierenden Assassinen entgegen. Kommt dermaßen aus dem nichts, dass es fast komisch wirkt.
Als nächstes kommt man gleich in Horror Slasher Klischee Nr 1. Genauso aus dem Kontext gerissen und innerhalb weniger Minuten abgearbeitet. Stilmittel: Verstümmelte Leichen stapeln und ein Monsterdesign a la 'ein par Nägel hier, ein par Nägel da'.
Dann stürzt die Stadt plötzlich ohne sichtbaren Grund ein, dann gehts gleich wieder zum nächsten Schauplatz...
Horror braucht Timing und Aufbau. EW scheint einem fast zusammenhangslos zusammengewürfelte Horror-Höhepunkte anderer Spiele entgegenzuwerfen, ohne wirklich Konsistenz zu bieten. Allzuweit bin ich noch nicht, aber der Eindruck drängt sich mir immer mehr auf.
Vielleicht ist es ja wirklich ein modernes RE4. Ich habe mich schon öfters gefragt, ob sich so ein Spiel heutzutage noch halten könnte, wenn es nicht mehr so fremdartig wirkt.