Sieben Leben
Hab den schon vor längerer Zeit gesehen, kann mich nichtmehr an alle Details erinnern. An eines kann ich mich aber noch sehr wohl erinnern, nämlich wie verlogen der Film in seiner Moral ist und wie wütend mich das Ende des Films machte. Fristet - trotz Will Smith als Hauptdarsteller - zurecht ein Nischendasein meiner Meinung nach.
Kurzbeschreibung der Story, mal ganz platt ausgedrückt: Tim Thomas (Will Smith) hat durch einen Autounfall sieben Leute in den Tod gerissen und sucht, geplagt von Schuldgefühlen, um Vergebung. Er will im Gegenzug sieben Leuten das Leben retten, aber zu welchem Preis?
Warum mich der Film wütend macht, kann ich leider nur im Spoilerkasten erwähnen, da ich gleich das Ende verraten muss:
Der gesamte Film arbeitet darauf hin, dass sich Tim Thomas das Leben nimmt und seine Organe an Menschen spendet, die ohne besagte Organe entweder eine verminderte Lebensqualität haben (der blinde Callcenter-Mitarbeiter), oder sonst drohen z.B. aufgrund einer Erkrankung zu sterben.
Dabei unternimmt der Film alles, um sich ja keine Gedanken über Thomas' Mitmenschen zu machen. Es fängt damit an, dass der Film dem Zuschauer in den ersten 30 Minuten im Unklaren darüber lässt worum es geht. Später werden einem ausschließlich Thomas' Gedankengänge und moralischen Werte gezeigt, die stets (vermeintlich) aus guten Absichten bestehen. Die kurzfristige Beziehung von Thomas wird genutzt, um der Figur eine "Eigene Entscheidungs-Moral" draufzudrücken, passenderweise genau zu dem Zeitpunkt, als man als Zuschauer Hoffnung hegte, Thomas würde sich fangen und doch noch einen Sinn in seinem Leben sehen.
Andersherum wird Thomas' Moralempfinden mit dem Klischee-Hammer präsentiert und dem Zuschauer so dermaßen oft mit "moralisch gut"-Attitüde um die Ohren gehauen, dass beim Zuschauer ja keine Zweifel aufkommen, er könne vielleicht aus anderen Gründen handeln... Das erleichtert es dem Zuschauer, die erwähnte "Eigene Entscheidung" abzunehmen...
Um mein Problem an dem Film präzise zu beschreiben: Der Film suggeriert, dass Selbstmord eine valide Methode ist, um sich von seiner Schuld, seinen Schuldgefühlen reinwaschen zu können. Dabei ist der Film sehr geschickt darin, besagte Methode niemals direkt anzusprechen, sondern stattdessen seine Hauptfigur so zu stilisieren, dass er zu jedem Zeitpunkt als vermeintlich "gut" dargestellt wird. Das schafft der Film so gut, dass es beim ersten Ansehen garnicht auffällt - erst, wenn man drüber nachdenkt, fällt das auf. Und bei einer solchen moralischen Einstellung, die noch dazu so geschickt wie möglich verschleiert wurde, kriege ich - Sorry - das Kalte Kotzen.
Thomas stellt sich seinem Problem nicht, er läuft von ihnen davon. Auch sein Leben ist wertvoll; er ist kein Einsiedler auf der Welt (auch wenn der Film wieder sehr geschickt damit agiert, ihn genauso darzustellen), die Motivation seiner bevorstehenden Tat ist rein Selbstzweck-getrieben: Er will vordergründig Buße tun, unbewusst will er jedoch seine Schuld und seine Schuldgefühle loswerden. Der Film versucht, seine bevorstehende Tat so hinzustellen, als ob Thomas Verantwortung übernehmen würde, dabei macht er genau das nicht!
Ich will nie dieselben moralischen Grundsätze haben wie Tim Thomas. Er legitimiert Selbstmord und pervertiert Aussagen der Marke "Jeder ist für sich selbst verantwortlich", ohne eine Hilfe auch nur anzubieten oder in Erwägung zu ziehen. Wäre die Welt voll von Tim Thomas', gäbs keine Depressionen auf der Welt - weil jeder Depressive sich in der Pflicht sehen würde, sich sofort umzubringen. Eine Gesellschaft funktioniert so einfach nicht.
Mich wundert ehrlichgesagt, dass es nicht allzuviele Stimmen gibt, die das ähnlich kritisch wie ich sehen. Dennoch darf sich "Sieben Leben" für mich zuschreiben, der bisher erste Film zu sein, der mich in seiner Moral absolut wütend macht und ich gönne es dem Film, dass er in der Versenkung verschwindet... Der Film möchte ein Märchen sein (wird vorallem gegen Ende deutlich), verpatzt es aber mit einer Moral, bei der mir - ganz ehrlich - schlecht wird...
Sorry, aber der Rant war nötig, derlei Gedanken schlummerten schon seit ich den Film gesehen habe in mir herum, und ich wollte das endlich loswerden^^...