Ich spiele zwar schon seit Anfang der 90er, aber dank meiner verantwortungsbewussten Eltern war mein erster Shooter dann doch erst Duke 3D, dicht gefolgt von Turok und etwas später Half Life. Das hatte zur Folge, dass für mich alte Shooter nahezu unspielbar sind, aus genau einem Grund: Wenn man die Maus vertikal bewegt, geht der Charakter nach vorne oder hinten. Das geht einfach nicht in meinen Kopf, da bin ich ebenso wenig mit zu versöhnen, wie mit weit auseinander liegenden Speicherpunkten. Gibt es bei System Shock eine Möglichkeit, den normalen Mouselook einzuschalten? Falls nicht, werde ich diesen Klassiker wohl nie spielen, obwohl Teil 2 in meine Top 5 gehört, mindestens.
Zur aktuellen Diskussion: Ich schließe mich der Position von SardoNumspa grundsätzlich an. Viele Entwicklungen der Spielekultur innerhalb der letzten Jahre verdienen es, von ausreichend kritisch und eigenständig denkenden Leuten mit der dazu nötigen Sachkenntnis bloßgestellt und demontiert zu werden. Eine gewisse sarkastische Schärfe sowie gönnerhafte Überheblichkeit gehört womöglich einfach dazu; jedenfalls kenne ich das auch von mir gegenüber jüngeren Spielern aka Konsumschäfchen, die sich unhinterfragt alles reinziehen, was ihnen marketingtechnisch leicht zugänglich von der Kulturindustrie vorgesetzt wird. Obwohl mir diese Anwandlungen im Nachhinein nicht immer sympathisch sind, man verliert da leicht das vernünftige Maß.
Bioshock war im Gegensatz zu System Shock 2 ein Shooter, kein Rollenspiel. Ich mag Shooter, und als solcher war es vom Gameplay her nicht überragend, aber okay. Das Zusammenspiel zwischen Waffen und Plasmiden hätte besser sein können, ebenso wie das Waffenhandling. Zu leicht fand ich es nicht, auf schwer sind die Big Daddys schon relativ herausfordernd. Meckern auf hohem Niveau, insgesamt. Allerdings ist es bei mir so, wieder in Übereinstimmung mit meinem Vorposter, dass ich Spiele nicht in ihre Einzelteile zerpflücke. Es geht am Ende um das Gesamterlebnis. Die Grafik, die Soundeffekte sind schlecht? Egal, wenn die Atmosphäre stimmt. Es gibt Wiederholungen, Durchhänger? Kann durch einzelne brillante Momente locker ausgeglichen werden. Der Hauptcharakter kommt aus dem 08/15-Heldengenerator? Egal, wenn der Sidekick rockt. Es ist wie in der Musik: Klassische Solostimmen finde ich schrecklich, aber wenn mir dann bei Anton Bruckner irgendwann der Chor eine Ganzkörpergänsehaut beschert, lohnt es sich für mich. Billy Corgan kann nicht singen, nur nölen? Wird durch die songwriterische Klasse mehr als kompensiert. Ich muss zugeben, dass ich Leute nicht ganz nachvollziehen kann, die sich z. B. die Genialität von Opeth entgehen lassen, nur weil der Sänger halt mal zwischendurch rülpst, anstatt zu singen. Ok, ist vielleicht ein Extrembeispiel.
Zurück zum Thema: Bioshock hat viele Eigenschaften, die es weit über einen Großteil der aktuellen Spielelandschaft erhebt, ebenso wie über die vergangener Generationen. Es hat ein grandioses, künstlerisch bewusstes Design. Ich habe noch viele Bilder und Teile der Musik im Kopf, viele Jahre, nachdem ich es gespielt habe. Und es hat Inhalte, die nicht nur für das Genre, sondern für den ganzen Kulturzweig neu, oder zumindest vorher und nachher extrem rar waren. Es ist meiner Meinung nach ein Anzeichen für hohe künstlerische und inhaltliche Qualität, wenn ein Werk über sich selbst reflektiert und den bewussten Zugang zur Metaebene wählt. Nicht nur das, der Spieler wird in diesen Vorgang mit eingebunden (wenn er sich darauf einlassen möchte). Es bietet Stoff und Anlass zur Selbstreflektion. Dazu kommt die relativ ausführliche Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Modellen, bzw. Utopien. Diese Punkte heben Bioshock letztendlich auf einer gewissen Ebene von System Shock 2 ab, das seine Stärken woanders hat.