BioShock Infinite - Test

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Temeter 
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von Temeter  »

Guts hat geschrieben:"Someday, developers will figure out how to bring gameplay and story together. But today, as Orkin said, they’re still figuring that whole thing out. Infinite is not even a noble failure in that regard. It attempts to give you interesting art to mull over, but it certainly does not do so in any sort of progressive way. What we get out of it, in fact, is an old experience. Irrational and the people championing its effort here (to the tune of a 95 Metacritic score) are leading the charge for keeping games the way they are instead of encouraging them to become something better. Woe is me."
Wenn sich so viele Leute von dem Spiel begeistern lassen, dann muss etwas an dem Ding dran sein. Wendet man sich allerdings einfach ab, sagt sich, 'die Massen sind dumm, und ich weiß es besser', dann ist man nicht mehr als ein Konservativer. Einer, der, in einer gewissen Ironie, an seiner eigenen Vorstellung von Fortschritt festhalten will, anstatt die eigentlichen Stärken von Infinite zu untersuchen, herauszufinden, was die Spieler so fasziniert, obwohl man oberflächlich eine wenig revolutionäre Formel anzuwenden scheint.

Irgendwann um das aufleben der Independent-Welle herum sind die Erwartungen an immer revolutionäreren Spiele und Erlebnisse gesteigen, bis man fast vergessen hat, wo Spiele eigentlich stehen. Die klassischen Genres haben sich etabliert, weil sie als geschlossenes System funktionieren. Es ist ein bischen anmaßend zu erwarten, dass man für sein jeweiliges Spiel immer ein eigenes Genre erfinden kann.

Momentan eignen sich vor allem 2 Genres für das Erzählen von Geschichten:
Die Adventures an erster Stelle, welche den Spieler vor Fragen und Rätsel stellen, weswegen man sie leicht in die meisten Geschichten einbinden kann. Dafür gibt es kein echtes Gameplay, da man hauptsächlich seinen Charachter anweist, alltägliche Dinge zu tun.
Und an zweiter Stelle Rollenspiele, dessen Spielsystem voler Nummern und Charachterwerte ist, welche so abstrakt sind, dass man sie auf beinahe jede Situation frei anwenden kann. Am Ende bleibt vor allem ein komplexes Zahlenspiel, welches ebenfalls wenig mit aktivem und natürlichem Gameplay zu tun hätte.

Die einzigen Spiele, die sowohl diese Zahlenspiele begrenzen, als auch das Gefühl von freier Bewegung und Immersion in einem Charachter vermutteln, sind zufälligerweise First Person-Spiele, wenn auch nicht zwangsläufig Egoshooter.
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Guts
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von Guts »

Man könnte auch einfach keine Genreschublade bedienen und einfach dem Spieler Möglichkeiten geben, die Spaß machen, ohne sich auf eine bewährte Mechanik zu beschränken (in Infinite Laufen und Schießen).

Ich habe folgendes dazu in einem englischen Forum gepostet, wer es lesen will und kein Englisch lesen kann, lasst es euch von google übersetzen:


I got to agree. The writers for Infinite were just really trying to create something amazing, the art is certainly on par, but it seems the gameplay department consisted of the same guys from 6 years ago, with their archaic mindset unchanged.

Why would anyone even get the idea, in our modern times, to restrict the gameplay of a videogame to just walking and shooting?
There is only 1 reason, because it made them rich in the past, since they already knew how to do it 6 years ago.

The main reason imo why pure shooters are still successful is that the customers just don’t know better. Well most of them don’t… haven’t yet experienced or they can’t or don’t even try to imagine what would be possible.

Personally I watched the story (and some shooter parts) on youtube and I really, really liked it. Especially the ending was just superbly done which is, in my mind, the reason why this game has a 90%+ metascore and a high user score. The ending is what got stuck in the minds of the reviewers, the experience and also the process of putting all the pieces together at the end were just so satisfactory.

We have seen what happens if the majority of customers love the game but hate the ending. (Mass Effect 3)
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Guffi McGuffinstein
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von Guffi McGuffinstein »

So, da es vor ein paar Tagen für 7,50€ im Steam Thanksgiving Sale zu bekommen war hab' ich es mir auch endlich zugelegt und bin jetzt durch.

Mein Eindruck: Wow!

Zu Beginn war ich noch zwiegespalten denn Elizabeth hatte auf mich zunächst nicht die Wirkung, von der viele sprachen. Aber mit der Zeit änderte sich das und an einer Stelle
Spoiler
Show
wenn der Songbird kommt und sie mit ihm davonfliegt und sie blickt einem mit diesen traurigen Augen an während Booker die Hand ausstreckt
war ich erstmal völlig fertig.
Spoiler
Show
Obwohl mir klar war, dass ich sie irgendwie wieder finden würde ging mir das an's Herz. Aber dass man dann während der Suche merkt, dass ihre Zeit viel schneller vorbeigegangen ist im Vergleich zur eigenen und sie dann als Greisin menschlich gebrochen vor einem steht war noch härter.
Ich bin regelrecht glücklich, dass ich trotz der vielen Shooter die ich schon gezockt hab' noch emotional für sowas empfänglich bin. Großer Respekt an Ken Levine. Ja, die Shooter Mechaniken sind mehr oder weniger Standard wenn auch die Gleitschienen und Spezialfähigkeiten viele Möglichkeiten zum Experimentieren bieten. Das ist aber fast nebensächlich denn die Erzählung ist derart dicht und ich konnte einfach nicht aufhören.

Der Soundtrack tut sein übriges. In diesem ruhigen Moment, wenn Elizabeth beginnt "Will the Circle be unbroken" zu singen ist einfach nur schön. Und Schönheit kriegt dieses Spiel trotz des ganzen Geballers auf eine beeindruckende Weise hin.

Wer es also jetzt immer noch nicht hat: Man kann bei dem Preis mit dem Spiel echt nix falsch machen.

Ich hab' es in englischer Sprachausgabe gespielt, kann also nix zur deutschen Synchro sagen, die englische ist jedenfalls herausragend.
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Zehenry
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von Zehenry »

Habe es mir auch im Steam Deal besorgt und bin einfach begeistert. Bin noch ziemlich am Anfang. Habe Elizabeth befreit und bin nun mit ihr unterwegs und ich liebe sie einfach. :)

Des Weiteren sieht die Welt auch noch wunderschön aus. Bin schon gespannt, wie es weiter geht.
RichyB
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Beitrag von RichyB »

Was bitte ist das für eine Wertung, das Spiel ist der Flop des Jahres, Gruselgrafik und man ausser rumlaufen und Dummballern nix machen. Die Aufrüst und Munitions Automaten sind für die Katz...BS1 2 habe ich geliebt aber das hier ist nur Mist.
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Bedameister
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Re: Kommentar

Beitrag von Bedameister »

RichyB hat geschrieben:Was bitte ist das für eine Wertung, das Spiel ist der Flop des Jahres, Gruselgrafik und man ausser rumlaufen und Dummballern nix machen. Die Aufrüst und Munitions Automaten sind für die Katz...BS1 2 habe ich geliebt aber das hier ist nur Mist.
Ja genau, darum hat es auch überall gute Kritken bekommen und ist auf der 4Players GoTY-Abstimmung gerade auf Platz 2 bei den Usern hier.
Echt so ein Kackspiel, ich schäme mich richtig, dass ich es so geil finde :Häschen:
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OriginalSchlagen
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Re: Kommentar

Beitrag von OriginalSchlagen »

Bedameister hat geschrieben:Ja genau, darum hat es auch überall gute Kritken bekommen und ist auf der 4Players GoTY-Abstimmung gerade auf Platz 2 bei den Usern hier.
Das Problem ist, viele bewerten die Story und das Artdesign (Grafik), aber nicht das Gameplay, worauf es bei Videospielen eigentlich ankommen und in Bewertungen das Hauptaugenmerk abbekommen sollte.

Neben CoD XYZ einer der uber-hochgejubelste Titel des Jahrtausends. Und da wundern sich die Leute, das alles ver-egoshootert wird und regen sich drüber auf.
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3nfant 7errible
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Re: Kommentar

Beitrag von 3nfant 7errible »

OriginalSchlagen hat geschrieben:
Bedameister hat geschrieben:Ja genau, darum hat es auch überall gute Kritken bekommen und ist auf der 4Players GoTY-Abstimmung gerade auf Platz 2 bei den Usern hier.
Das Problem ist, viele bewerten die Story und das Artdesign (Grafik), aber nicht das Gameplay, worauf es bei Videospielen eigentlich ankommen und in Bewertungen das Hauptaugenmerk abbekommen sollte.

Neben CoD XYZ einer der uber-hochgejubelste Titel des Jahrtausends. Und da wundern sich die Leute, das alles ver-egoshootert wird und regen sich drüber auf.
ich würde eher vermuten, die Leute bewerten einfach das Gesamt-Erlebnis

Würde man wirklich nur bzw ganz streng das Gameplay bewerten, dann würden sowohl Goty-Wahlen als auch Wertungen generell ganz anders aussehen. Dann hätte zb auch ein Silent Hill (sogar die guten, alten Teile) niemals über eine 50% kommen dürfen. Überhaupt würden viele Survival-Horror-, Stealth-, oder Shooter-RPG-Hybriden, Action-RPGs, viele Open World -Spiele und und und ganz schön schlecht dastehen. Dazu auch viele (Indie-) Experimente wie The Stanley Parable, Journey oder The Walking Dead.

Was dagegen nach oben gepusht werden würde, wären Beat em Ups, Sportspiele, so manches Jump n Run und RTS. Das meiste davon aber auch nur im MP Teil.

An das Gameplay eines Tekken, SF oder FIFA kommt auch ein Dark Souls, Deus Ex, oder Witcher nicht ran.
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Nuracus
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von Nuracus »

Bei mir ist es mittlerweile tatsächlich so, dass das Gameplay gar nicht mehr sooo wichtig ist, sondern das Erlebnis.
Das Gameplay sollte heute - für mich jedenfalls - einfach nur funktionieren und nicht stören. Spiele, die darauf ausgelegt sind, schwer zu sein und keinen Fehler zu verzeihen, machen mir keinen Spaß mehr.
Spiele, die mir eine ("glaubwürdige") Geschichte präsentieren, die mich mitreißen und die toll inszeniert werden, haben bei mir längst einen wichtigeren Platz eingenommen.

Und an der Glaubwürdigkeit scheitert Bioshock leider.
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Temeter 
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von Temeter  »

Nuracus hat geschrieben:Bei mir ist es mittlerweile tatsächlich so, dass das Gameplay gar nicht mehr sooo wichtig ist, sondern das Erlebnis.
Das Gameplay sollte heute - für mich jedenfalls - einfach nur funktionieren und nicht stören. Spiele, die darauf ausgelegt sind, schwer zu sein und keinen Fehler zu verzeihen, machen mir keinen Spaß mehr.
Spiele, die mir eine ("glaubwürdige") Geschichte präsentieren, die mich mitreißen und die toll inszeniert werden, haben bei mir längst einen wichtigeren Platz eingenommen.

Und an der Glaubwürdigkeit scheitert Bioshock leider.
Ob es daran scheitert ist rein subjektiv. Wenn man sich so die Meinungen zu dem Spiel anschaut, dann hat es wohl für recht viele Leute gereicht :wink:

Beim Gameplay sehe ich das aber anders. Wenn das Gameplay neben einer interessanter Story/Welt/Charachteren einfach nur so dahinplätschert, wird man sein Publikum damit sehr schnell langweilen. Infinite hatte den Vorteil, dass es neu war, und das zusätzliche Stück Aufregung hat es oft genug gerettet. Ich denke nicht, dass man damit noch sehr weit kommt, sobald diese Art Storytelling sich weiter verbreitet.

Und Story kann durchaus mit Gameplay Hand in Hand gehen. Genau so erzählt man in Spielen die besten Geschichten.
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Nuracus
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von Nuracus »

Ja, aber genau da frag ich mich doch, wieso ich mit meiner Meinung da so relativ alleine dastehe.
Nehmen wir uns nur zwei (sehr wichtige!) Momente heraus, die zu den emotionalsten im Spiel gehören (sollten):
Spoiler
Show
Teil 1: Booker hat Elizabeth aus ihrem Turm befreit, nach einigen turbulenten Scharmützeln haben die beiden etwas Ruhe und sitzen in einer Gondel auf dem Weg zu einem Luftschiff, mit dem sie Columbia verlassen wollen.
Bis zu diesem Punkt hat Comstock mehrfach versucht, Elizabeth vor ihrem Retter, dem “falschen Hirten”, zu warnen. Er würde sie fallen lassen und nicht in die Freiheit führen. Nach Paris, wie sie es sich wünscht.
Wir wissen bereits: Comstock hat Recht, denn genau das ist der Plan. Vom Regen in die Traufe, aus der einen Gefangenschaft in die nächste.
Wir sind also jetzt in der Gondel – Elizabeth lehnt gelangweilt mit dem Rücken an dessen Fenster, die Arme verschränkt.
Da eröffnet Booker ihr, warum er hier ist und was er vorhat. Dass er verschuldet ist. Und dass er Leute getroffen hat, die ihm helfen würden. Wenn er ihnen das Mädchen aushändigt.
Die Reaktion Elizabeths?
Sie steht weiter mit dem Rücken am Fenster, schaut ebenso gelangweilt in der Gegend herum wie zuvor, sieht auch mal kurz zu Booker rüber, und das wars.
Kein erschrockener Blick.
Kein plötzlich offenstehender Mund.
Kein ängstliches Zurückweichen.
Keinerlei Veränderung in Mimik oder Körperhaltung! Nichts!
Diese Szene hat mich so rausgerissen aus dem Spiel, dass ich ehrlich DACHTE, es liegt ein Bug vor. Aber nein, so ist es nicht.
Stattdessen erreichen die beiden keine fünf Minuten nach dem Geständnis das Luftschiff und betreten es. Booker tritt ans Steuerpult und gibt die Zielkoordinaten ein – von New York. Elizabeth, die ihr ganzes Leben in einem Turm verbracht und sich viel Wissen angeeignet hat, erkennt, dass ihr Befreier nicht plant, sie nach Paris zu bringen.
Also erzählt er ihr ein weiteres Mal, was sein Motiv und seine Aufgabe sind.
Das naive Mädchen bricht in Tränen aus.
Booker versucht noch, sie zu trösten (“Es wird schon alles gut werden”), doch Elizabeth zieht sich zurück, nur um ihn hinterrücks mit einem Schraubenschlüssel bewusstlos zu schlagen.

Ich meine, ich verstehe ja, dass sie es jetzt endgültig erkennt. Ich könnte es nachvollziehen, dass sie erst an dieser Stelle wirklich Gefühle zeigt, und dass sie verzweifelt.
Aber nicht in Verbindung mit der völligen Regungslosigkeit wenige Augenblicke zuvor.

Teil 2: Elzabeth hatte bisher zwar ein einsames und eingesperrtes, aber dafür recht behütetes Leben. Nun kommt es letztendlich zu einer Situation, in der sie sich gezwungen sieht, jemanden zu ermorden, um eine andere Person zu retten. Dabei stößt sie ihrem Opfer ein Messer in den Rücken.
Als sie den Tatort verlässt und zu Booker zurückkehrt, ist ihr Kleid blutüberströmt und sie wirkt erwartungsgemäß verstört.
Ein guter Ansatz – der durch den Abschluss des Kapitels jedoch wieder völlig zunichte gemacht wird.
Die beiden ungleichen Helden erreichen ein weiteres Luftschiff, das Mädchen schließt sich sofort in die Kabine ein. Booker kann nur noch anklopfen und versuchen, mit ihr zu reden, doch schließlich wendet er sich dem Steuerpult zu und bringt das Gefährt in den Himmel.
Da öffnet Elizabeth die Tür und kommt mit einem neuen, sauberen Outfit heraus. “Es gab sonst nichts anderes”, kommentiert sie das enge Korsett. Sie wirkt abwesend, erkundigt sich, wie man vergisst, wie man Dinge wegwäscht. “Tut man nicht. Du lernst nur, damit zu leben.” Okay, okay: Gut! Ja, genau sowas erwarte ich! Und jetzt weiter, wie geht das Spiel in die Tiefe, wie wirkt sich aufs weitere Spiel aus?

Ich sags euch: Elizabeth läuft ab jetzt mit nem Décolleté und ner Wespentaille herum.

Ja, das ist in der Tat die einzige “Charakter”entwicklung, die aus diesem traumatischen Erlebnis entsteht.
Kann sich da mal ein BI-Fan ernsthaft zu äußern und mir erklären, wie man an den beiden Stellen nicht entsetzt den Fernseher anstarren kann?
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3nfant 7errible
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von 3nfant 7errible »

Nuracus hat geschrieben:Ja, aber genau da frag ich mich doch, wieso ich mit meiner Meinung da so relativ alleine dastehe.
Nehmen wir uns nur zwei (sehr wichtige!) Momente heraus, die zu den emotionalsten im Spiel gehören (sollten):
Spoiler
Show
Teil 1: Booker hat Elizabeth aus ihrem Turm befreit, nach einigen turbulenten Scharmützeln haben die beiden etwas Ruhe und sitzen in einer Gondel auf dem Weg zu einem Luftschiff, mit dem sie Columbia verlassen wollen.
Bis zu diesem Punkt hat Comstock mehrfach versucht, Elizabeth vor ihrem Retter, dem “falschen Hirten”, zu warnen. Er würde sie fallen lassen und nicht in die Freiheit führen. Nach Paris, wie sie es sich wünscht.
Wir wissen bereits: Comstock hat Recht, denn genau das ist der Plan. Vom Regen in die Traufe, aus der einen Gefangenschaft in die nächste.
Wir sind also jetzt in der Gondel – Elizabeth lehnt gelangweilt mit dem Rücken an dessen Fenster, die Arme verschränkt.
Da eröffnet Booker ihr, warum er hier ist und was er vorhat. Dass er verschuldet ist. Und dass er Leute getroffen hat, die ihm helfen würden. Wenn er ihnen das Mädchen aushändigt.
Die Reaktion Elizabeths?
Sie steht weiter mit dem Rücken am Fenster, schaut ebenso gelangweilt in der Gegend herum wie zuvor, sieht auch mal kurz zu Booker rüber, und das wars.
Kein erschrockener Blick.
Kein plötzlich offenstehender Mund.
Kein ängstliches Zurückweichen.
Keinerlei Veränderung in Mimik oder Körperhaltung! Nichts!
Diese Szene hat mich so rausgerissen aus dem Spiel, dass ich ehrlich DACHTE, es liegt ein Bug vor. Aber nein, so ist es nicht.
Stattdessen erreichen die beiden keine fünf Minuten nach dem Geständnis das Luftschiff und betreten es. Booker tritt ans Steuerpult und gibt die Zielkoordinaten ein – von New York. Elizabeth, die ihr ganzes Leben in einem Turm verbracht und sich viel Wissen angeeignet hat, erkennt, dass ihr Befreier nicht plant, sie nach Paris zu bringen.
Also erzählt er ihr ein weiteres Mal, was sein Motiv und seine Aufgabe sind.
Das naive Mädchen bricht in Tränen aus.
Booker versucht noch, sie zu trösten (“Es wird schon alles gut werden”), doch Elizabeth zieht sich zurück, nur um ihn hinterrücks mit einem Schraubenschlüssel bewusstlos zu schlagen.

Ich meine, ich verstehe ja, dass sie es jetzt endgültig erkennt. Ich könnte es nachvollziehen, dass sie erst an dieser Stelle wirklich Gefühle zeigt, und dass sie verzweifelt.
Aber nicht in Verbindung mit der völligen Regungslosigkeit wenige Augenblicke zuvor.

Teil 2: Elzabeth hatte bisher zwar ein einsames und eingesperrtes, aber dafür recht behütetes Leben. Nun kommt es letztendlich zu einer Situation, in der sie sich gezwungen sieht, jemanden zu ermorden, um eine andere Person zu retten. Dabei stößt sie ihrem Opfer ein Messer in den Rücken.
Als sie den Tatort verlässt und zu Booker zurückkehrt, ist ihr Kleid blutüberströmt und sie wirkt erwartungsgemäß verstört.
Ein guter Ansatz – der durch den Abschluss des Kapitels jedoch wieder völlig zunichte gemacht wird.
Die beiden ungleichen Helden erreichen ein weiteres Luftschiff, das Mädchen schließt sich sofort in die Kabine ein. Booker kann nur noch anklopfen und versuchen, mit ihr zu reden, doch schließlich wendet er sich dem Steuerpult zu und bringt das Gefährt in den Himmel.
Da öffnet Elizabeth die Tür und kommt mit einem neuen, sauberen Outfit heraus. “Es gab sonst nichts anderes”, kommentiert sie das enge Korsett. Sie wirkt abwesend, erkundigt sich, wie man vergisst, wie man Dinge wegwäscht. “Tut man nicht. Du lernst nur, damit zu leben.” Okay, okay: Gut! Ja, genau sowas erwarte ich! Und jetzt weiter, wie geht das Spiel in die Tiefe, wie wirkt sich aufs weitere Spiel aus?

Ich sags euch: Elizabeth läuft ab jetzt mit nem Décolleté und ner Wespentaille herum.

Ja, das ist in der Tat die einzige “Charakter”entwicklung, die aus diesem traumatischen Erlebnis entsteht.
Kann sich da mal ein BI-Fan ernsthaft zu äußern und mir erklären, wie man an den beiden Stellen nicht entsetzt den Fernseher anstarren kann?

Hm, ich hab die Szenen jetzt nicht als so störend und als grosse Logiklöcher empfunden. Ich glaub ich hatte es auch vorher schonmal gesagt als du Bioshock mit TLoU verglichen hast... die Ansätze der beiden Spiele sind auch ganz anders, TLoU ziemlich ernst mit relativ realistischen Charakteren und Emotionen, bei Bioshock dagegen alles etwas leichter beschwingt und stilisiert, auch wenn es ganz am Ende doch nochmal richtig ernst wird. Aber nehmen wir die Lutece Zwillinge mal... sowas hätte man bei TLoU zb gar nicht einbauen können. Insofern finde ich solche "Ungereimtheiten" bei Bioshock einfach verzeihlicher.

Aber davon mal abgesehen, finde ich deine Kritik in dieser Form super. Eine willkommene Abwechslung, genau SO macht man es! :Daumenlinks:
Hier hat man zumindest das Gefühl, du hast das Spiel wirklich selbst gespielt und erklärst haargenau was dich gestört hat. Es ist sogar nachvollziehbar, auch wenn ich zu einer anderen Meinung komme.
Allzu oft liest man ja leider eine Kritik, bei der man sich fragt ob derjenige überhaupt das richtige Spiel gespielt hat ^^
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Nuracus
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von Nuracus »

Jup, und im Endeffekt ist das genau das Gleiche mit den Kritiken an The Last of Us :P
insbesondere die Sache mit der "Unsichtbarkeit" von Ellie für die Gegner. Auch etwas, was mich öfters verwundert hat ... oder wenn es hieß "Achtung leise, hier ist alles voll mit Klickern" RAMMPAMMPAMMPAMMPAMM!!!
Spoiler
Show
Bild
Davon gibts noch nen besseren, aber den find ich grad nur auf spanisch :D

Schätze mal, da kann man genauso davorsitzen wie ich bei Bioshock.
Nur, dass es mich hier eben auch nicht so gestört hat - hier war es nämlich lediglich ein Gameplay-Behelfskniff, mit dem ich leben kann.

Wohingegen ich Ungereimtheiten beim Verhalten einer Person nicht so schnell verzeihen kann - gerade, wenn die oben beschriebenen Situationen sich ja teilweise echt mit denen aus TLoU decken (vor allen Dingen die zweite!).
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Guffi McGuffinstein
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von Guffi McGuffinstein »

Interessante Kritikpunkte in Bezug auf die Szenen in der Story. Du scheinst es ja auf Deutsch gespielt zu haben und so wie du es schreibst wirkt es tatsächlich merkwürdiger als ich es in der englischen Fassung z.B. wahrgenommen habe. Der Ton in der Stimme macht es da anscheinend aus der die Reaktionen in meinen Augen zwar nicht 100% nachvollziehbar aber akzeptierbar gemacht hat.

BI auf das Gameplay herunter zu brechen und es dann als schlechtes Spiel hinzustellen halte ich übrigens auch für die falsche Herangehensweise. Story und Gameplay geben sich in meinen Augen hier sehr gut die Klinke in die Hand und die Idee mit den Gleitschienen gab's so meines Wissens noch nicht. Da hätte ich mir allerdings auch gewünscht, dass man da noch etwas mehr machen kann, außer einem Attackmove beim Absprung.

Ich fand die Story aber jedenfalls so spannend, dass sie mich bis zum Ende voll zum Weiterspielen motiviert hat und es gab nichts, was mich gestört hat. Einiges hätte man besser machen können, aber es war nicht so, dass bei mir irgendwo der Spaß oder die Motivation durch irgendetwas ruiniert wurde.

Ich glaube, in dem Genre wird reines Gameplay auch schnell öde, so gut es auch sein mag. Den klassischen Ego Shooter à la Quake & Co. gibt's schon lange nicht mehr und ich brauche ihn ehrlich gesagt auch nicht, denn ich möchte in einem Spiel mehr erleben. Da bin ich sicher nicht jedermanns Meinung aber darauf basieren meine Einschätzungen zum jeweiligen Spiel. :)

Bioshock zeigt übrigens auch gut, dass man eine dichte Story mit viel Action und Spannung bauen kann, ohne den Spieler in einen Schlauch zu stecken. Die Areale sind ja zwar immer noch sichtlich begrenzt aber man wird dort selber dann nicht eingeschränkt. Da war z.B. ein Half Life 2 schon wesentlich "schlauchiger".
Time you enjoyed wasting isn't wasted time.

I think the most important skill in life is being able to fake confidence. - Monika

Ich will dich zerbeißen! Bis du nur noch Mehl bist! Und dann backe ich einen Kuchen aus dir und den schmeiße ich dann weg! - Simon Krätschmer
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crewmate
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Re: BioShock Infinite - Test

Beitrag von crewmate »

Bei Resident Evil Retirement ist es das gleiche.

Aber wenn die Entwickler schon keine vernünftige KI hin bekommen mit Kommandos vom Spieler, ist sowas die bessere Lösung, als weite Crapcom es bei Resident Evil 5 & 6 gelöst haben. Spiel behindernd.
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