Usul hat geschrieben: ↑19.10.2018 11:15
muecke-the-lietz hat geschrieben: ↑19.10.2018 09:57Ich frage mich gerade ernsthaft, warum du dich für R* so stark machst. Das sah neulich bei CDPR und Sapkowski noch ganz anders aus.
Mal ganz davon abgesehen, daß die eine Sache mit dem anderen nichts zu tun hat:
Bei der CDPR-Sache habe ich nichts Schlechtes über CDPR gesagt. Ich habe nur gesagt, daß möglicherweise ein Rechtsanspruch besteht und es Sapkowskis RECHT ist, diesen prüfen zu lassen. Nicht ich war es, der in der Frage Moral und Ethik udgl. ins Spiel gebracht hat. Darüber hinaus habe ich noch Verständnis dafür aufgebracht, daß es auch Stimmen geben mag, die CDPR - nachdem so viel Geld mit Witcher verdient wurde - gerne etwas mehr Geld an den Autor abtreten sehen würden.
So... jetzt mußt du mir mal ganz kurz erläutern, was an dieser Sicht so außergewöhnlich ist, daß dir das nicht nur um Gedächtnis geblieben ist, sondern du das hier in diesem Thread auch noch als Vergleich heranziehst.
Hier in diesem Thread habe ich gesagt: Es ist noch nicht automatisch Ausbeutung und (moderne) Sklaverei, wenn es Arbeitnehmer gibt, die Unmengen an Überstunden anhäufen. Zudem habe ich gefragt, warum negative Äußerungen über Rockstar glaubhafter sein sollten als jetzt die positiven.
Ganz gleich, wie ich das alles betrachte, ich finde, du hast in allen Belangen, die du in dem hier von dir Zitierten schreibst, schlichtweg unrecht.
Nur zur Klarstellung: Mit keinem Wort habe ich gesagt, daß diese Crunchtime immer und überall gut ist und gut umgesetzt wird. Auch nicht, daß alle Angestellten darauf stehen. Selbst Jörg, der das Ganze ja offenbar ebenfalls kritisch sieht, sagt in seinem Video-Kommentar dazu nicht, daß Crunchtime per se etwas Schlechtes ist - sondern erst die Umsetzung und Realisierung Licht in das Dunkel bringt.
Und von daher gerne noch einmal: Nur aus der Tatsache, daß ein oder mehrere Angestellte 100 Stunden über mehrere Wochen ableisten, kann ich nicht ablesen, daß es sich um Ausbeutung oder moderne Sklaverei handelt. Meines Erachtens auch nicht aus "wenigen" Wortmeldungen von ehemaligen Angestellten. Umgekehrt auch nicht aus wenigen Wortmeldungen aktueller Angestellter. Alles, was ich zu tun gewagt habe, war die die Bitte um Differenzierung und um den Verzicht auf die pauschale Vorverurteilung.
Und offensichtlich ist das schon für den einen oder anderen hier zu viel.
Ich glaube, unsere Meinungen zu den Themen legen gar nicht so weit auseinander. Wir betrachten die Sache wohl oft nur von unterschiedlichen Seiten.
Ich halte diesen Crunch, der in dieser Industrie üblich ist, für nicht gut, kann aber durchaus sehen, dass es nicht alle Mitarbeiter super schlimm finden und dass es womöglich auch gar nicht alle Mitarbeiter trifft. Ich sehe auch, dass die Magazine mit dramatischer Überspitzung auch nur Clicks generieren wollen und das ganze komplett übertreiben.
Aber die Berichte aus der Branche sind nun mal da, und selten berichtet jemand besonders positiv davon. Und außerdem - nein, es ist nicht gut, wenn jemand einfach so einen Haufen Überstunden schiebt, egal, was man in der Situation glaubt, leisten zu können. Irgendwann rächt sich das alles. Dass Leute dennoch durch bestimmte Umstände dazu genötigt werden können, ist halt die andere Seite der Mediale. Es lässt sich manchmal kurzfristig nicht anders lösen. Aber dennoch kann man diese Umstände ja kritisch ansprechen. Die spricht man ja auch in der Pflege, in der Medizin, im öffentlichen Nahverkehr, im Bau, in der Gastronomie, etc. an. Kurzfristig lässt sich das nicht immer vermeiden, aber man sollte irgendwann mal langfristig nach Lösungen suchen, um die Leute nicht unnötig zu belasten. Und da nehme ich Rockstar in die Verantwortung - sowas sollte so ein Software Riese mit so einer Erfahrung mittlerweile eigentlich vermeiden können. Aber wie gesagt - das ist mit Vorsicht zu genießen, weil es ja scheinbar gar nicht jeder Mitarbeiter als so krass empfunden hat.
Aber das deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) z.B. existiert ja nicht umsonst, und die maximalen Arbeitszeiten darin sind schon relativ marktfreundlich, zumal man sie ja auch recht flexibel erweitern kann, im Gegensatz zu einigen anderen europäischen Ländern, aber dennoch haben sie den Zweck, den Mitarbeiter auch vor sich selbst zu schützen, nicht nur vor dem AG, denn viele, gerade junge, Menschen begreifen nicht, was sie sich damit antun, zuviel und/oder ohne Pause zu arbeiten. Deswegen ist die Pause im deutschen Arbeitsrecht unter anderem kein Recht sondern eine Pflicht. Deswegen sind Ruhezeiten Pflicht, etc. Deswegen schränkt der Arbeitgeber allzu exotische Arbeitszeitkonstellationen in den Branchen ein, wo sie schlicht nicht nötig sind.
Es tut mir leid - aber ich sehe mich hier nicht im Unrecht. Erst einmal schließt du von deiner Situation als Selbstständiger auf andere, die Angestellte eines Unternehmens sind. Zweitens hast du ja bereits angedeutet, dass deine krassen Arbeitszeiten damit zusammen hängen, dass du in einem bestimmten Zeitraum wenig, und in einem bestimmten Zeitraum extrem viel arbeitest. Das ist etwas anderes, als in einem Unternehmen angestellt zu sein, deswegen kannst du auch nicht einfach von deiner ganz persönlichen Sichtweise auf andere schließen.
Ich betrachte einfach, was der Gesetzgeber und viele Mediziner bei uns in Deutschland arbeitszeittechnisch als ungesund erachten, und wo sie empfehlen, das nicht über einen längeren Zeitraum zu machen. Diese 40 Stunden Arbeitswoche in Dtl. hat schon ihre Berechtigung. Zumal da ja auch Fachleute dran gesessen haben, sowas wird sich ja nicht einfach aus den Fingern gesaugt.
Dass es in Einzelfällen auch anders laufen kann, weiß ich. Ich habe das selbst gemacht und fand das ne Weile ganz geil. Aber dennoch ist eine kritische Betrachtung so einer Situation durchaus angebracht, ungeachtet dessen, was du vielleicht bereit bist zu leisten. Was ich übrigens auch sehr schätze und bewundere. Sich für eine Sache ins Zeug zu werfen, hinter der man steht, ist für mich niemals etwas verwerfliches. Nur übertreiben sollte man es auf Dauer nicht.
Das mit der Vermengung von dieser und der anderen Diskussion nehme ich aber zurück. Ich sehe, da lag ich falsch, zumal ich dann im Umkehrschluss ja auch die Seiten gewechselt hätte.