Sharkie hat geschrieben: ↑14.06.2017 16:27
billy coen 80 hat geschrieben: ↑14.06.2017 12:03
Stokowski? Ernsthaft? Das Geschwurbel von der kann man doch nun wirklich nicht ernst nehmen. Und gerade die ist auch nun wirklich ein schlechtes Beispiel für einen positiven Feminismus.
Ehrlich gesagt hätte es mich erfahrungsbedingt auch milde verwundert, wenn Du Stokowski (oder irgendeiner anderen aktuellen, nicht
ehemaligen Feministin) zugestanden hättest, von Dir ernstgenommen zu werden.
Och, mit einer Cathy Young z. B. habe ich keine Probleme (um mal eine zu nennen, die man aufgrund publizistischer Tätigkeit mit Frau Stokowski vergleichen kann). Ich gehe weiß Gott nicht mit allem konform, aber zumindest schreibt sie nicht derart wirren Mumpitz. Warum muss man da eine aus den USA nehmen? Tja, in Deutschland fällt mir da keine regelmäßig in Zeitungen publizierende ein, die sich mal auf etwas höherem analytischen Niveau bewegt.
Ich habe den Artikel verlinkt, weil er aus feministischer Perspektive ziemlich exakt auf einige von SethSteiners Vorwürfen gegenüber dem Feminismus eingeht. Dachte schlicht, es sei vielleicht hilfreich, dazu mal eine erklärte Feministin zu Wort kommen zu lassen. SethSteiner ist dann seinerseits kritisch auf Punkte des Artikels, die seine Argumentation betreffen, eingegangen. Wo ist also das Problem? Warum willst Du hier Leuten, zumal unbegründetermaßen, weismachen, Stokowski sei "nicht ernstzunehmen"?
Seth Steiners Argument zielte darauf ab, dass die einseitige und dann auch noch teils sehr nachdrückliche Form von Interessenvertretung (vor allem ideologisch befeuert) kaum zu Gleichberechtigung führen kann und sich Feminismus nun mal nur für Frauen einsetzt. In dem Artikel feiert Stokowski eigentlich nur den intersektionalen Feminismus, der zwar seine Sicht der Dinge wegbewegt hat vom reinen Patriarchatsfeminismus (also dem, in dem etwa von Schwarzer alle anderen Formen von Diskriminierung sogenannte Nebenwidersprüche waren, die sich durch die Auflösung des Hauptwiderspruches, also der Unterdrückung durch patriarchale Strukturen, von selbst auflösen), ohne sich aber von dessen dichotomischer Grundstruktur zu lösen. Man hat zwar das Feld der demographischen Gruppen auf ein nahezu beliebig großes Spektrum ausgeweitet, bewegt sich aber immer noch auf einem schon erschreckend unterkomplexen Niveau. Wo früher nur Frauen durch Männer unterdrückt wurden, sind es nun eben noch zusätzlich andere Gruppen, die von wiederum anderen Gruppen unterdrückt werden. Der einzig wahre Inhalt daran ist die potenzielle Summierung von Faktoren, aufgrund deren ein Mensch Diskriminierung erfahren kann. Der Mumpitz beginnt aber erstens bei der reisbrettartigen Struktur, die man auf "die Gesellschaft" projiziert und setzt sich fort bei der völlig einseitigen und, wie schon gesagt, dichotomischen Ausgestaltung vermeintlicher Unterdrückungsstrukturen. Und seien wir mal ehrlich, gerade in der westlichen Welt ausgerechnet Frauen als eine unterdrückte Minderheit darzustellen (zumal sie in unserer demokratischen Gesellschaft gar eine leichte Mehrheit darstellen), ist nun wirklich an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Frauen haben, wie jede andere demographische Gruppe, ihre spezifischen Probleme und Anliegen, aber diese ständige Mär von der Dauerdiskriminierung...
Im Übrigen trifft auch auf den intersektionalen Feminismus exakt dasselbe zu, was Seth zuvor geschrieben hat. Er beschränkt sich zwar nicht mehr nur auf Männer vs. Frauen, aber die Ideen, wie z. B. mit Gruppen verfahren werden muss, die es geschafft haben, sich in der Opferolympiade besonders weit vorne zu platzieren, sind vollkommen ungeeignet, um auch nur annähernd so etwas, wie Gleichberechtigung herbeizuführen. Da gilt uneingeschränktes Listen and Believe. Vermeintlich Unterdrückte müssen ja noch nicht einmal mehr begründen oder belegen, wie sich ihre Unterdrückung denn darstellt oder wie sie zustande kommt, denn dies von einem Unterdrückten einzufordern, wäre sofort nur ein weiterer Akt der Unterdrückung. Vielmehr haben "Unterdrückte" das Recht auf Gehör und nicht zuletzt Sonderrechte als Kompensation für ihre Unterdrückung. Die vermeintlich priviligierten Unterdrücker stehen in der Pflicht dies zu leisten, haben aber auch keinen Anspruch darauf, zu erfahren, wie man das denn anstellen sollte. Sie müssen machen und der Unterdrückte entscheidet, ob es gut ist und ob es reicht (was es in der Regel nie tun wird).
Die Umsetzung solcher Konzepte nennt sich Identitätspolitik und ist in postmodern "linken" Kreisen der heißeste Shice.
Hat sich eigentlich schon mal jemand gewundert, wie über die letzten zehn Jahre das Kopftuch bzw. gar die Verschleierung in feministischen Kreisen gewandelt wurde, von einem Symbol patriarchaler Unterdrückung zu einem feministischen Kleidungsstück? Dazu muss man eben wissen, dass muslimische Frauen als unterdrückter gelten als nur westliche, nicht muslimische Frauen. Daraus schöpft sich eine Deutungshoheit, die religiös eher konservativ eingestellte Muslimas genutzt haben, in westlich feministischen Kreisen (zumindest in den heutzutage tonangebenden) ihre religiösen Kleidungsstücke gar als feministische Symbole umzudeuten. Und jeder, der das anders sieht, ist islamophob. Auf Basis desssen hat es zwischen intersektionalen Feministinnen und denen, die noch eher auf klassischer Schwarzer-Schiene sind, in letzter Zeit so einige verbissene "Beefs" gegeben.
Ich habe Dir jedoch schon gefühlte hundert mal gesagt, dass ich ebenfalls der Meinung bin, dass geschlechtsspezifische Anliegen von Männern gesellschaftlich verhandelt werden sollen.
Dir etwas gegenteiliges zu unterstellen liegt mir fern.
Sowie, dass ich es für schädlich halte, die Anliegen von Frauen- und Männerrechtlern gegeneinander auszuspielen, wie Du es sehr häufig tust. Bin nach wie vor der Meinung, dass man sehr gut für Männeranliegen eintreten kann, ohne dabei ständig gegen Menschen zu schießen, die selbiges für Frauenanliegen tun.
Was nun wiederum eine Unterstellung deinerseits ist. Weder spiele ich etwas aus, noch schieße ich pauschal auf Interessenvertreter nur aufgrund dessen, dass sie Interessen vertreten. Die Leute auf die ich "schieße", sind Leute, die eben das, wofür du dich im vorangegangen Zitat noch ausgesprochen hast, aktiv, zielgerichtet und absichtsvoll unterbinden. Ich nannte sogar Beispiele und könnte noch unzählige liefern, anekdotische sowie höchst politische. Ich denke, was hier vornehmlich aufeinanderprallt ist die stark verblümte, rein theoretische Deutung von Feminismus bzw. Feminismen mit erkennbarer Tendenz zum "Mein-Feminismus-Feminismus" auf der einen Seite und der dies alles oft konterkarierenden gesellschaftlichen wie politischen Realität auf der anderen.
Ich vermute mal, dass Du dies dennoch tust, weil Du der Meinung bist, das eine sei vom anderen nicht trennbar, da radikale Feministinnen schließlich die Verursacherinnen bestimmter Männerprobleme seien. Kann ich ehrlich gesagt ebenfalls nicht nachvollziehen. Ich verfasse ja auch keine globalen Manifeste gegen Menschen, die sich für Männerrechte einsetzen, nur weil es Roosh Valizadeh gibt.
Auch hier schätzt du mich falsch ein. Den Feminismus halte ich nicht für den Auslöser von Männerproblemen. Historisch geht z. B. die Verächtlichmachung des "Männlichen" auf Zeiten zurück, da waren selbst die Großeltern der Suffragetten noch nicht einmal in Planung.
Das Narrativ von der Frau als etwas prinzipiell Gutem und Friedfertigem ist wohl so alt wie die Menschheit. Dass dem Männlichkeit als negativer Gegenpol entgegengesetzt wurde, tauchte wohl in Texten des Spätmittelalters und der Zeit der Romantik vermehrt auf. Diese Sicht steigerte sich zu Zeiten der Indutrialisierung; mutmaßlich aufgrund der zu dieser Zeit stattfindenden Erosion klassischer männlicher Rollen und Aufgaben in der Gesellschaft. Interessanterweise fand diese Verächtlichmachung eigentlich zu allen Zeiten immerzu nur in Kreisen der Eliten statt.
Feministische Narrative sind hier doch eher nur auf einen schon lange fahrenden Zug aufgesprungen. Ich würde seine diesbezügliche Rolle nicht als die eines Verursachers sehen, sondern eher als die eines gesellschaftlichen sowie politischen Durchlauferhitzers.
Wo du Recht hast, ist, dass ich all diese Dinge tatsächlich als untrennbar sehe. Natürlich ist in einer Gesellschaft, in der unzählige Menschen zusammenleben, auch alles vielfach und oft kaum prognostizierbar miteinander verzahnt. Das alles kann man sehen, wie eine wacklieg Waage mit Millionen von Schalen. Und egal, wo man etwas reinlegt oder rausnimmt, hat dies Auswirkungen auf andere Bereiche der Waage (auch wenn das Beispiel daran krankt, dass nicht alles gleich ein grundsätzliches Nullsummenspiel darstellen muss). Es ist richtig und wichtig, schon allein zum Zwecke des sozialen Friedens, gesellschaftlich gegen erkennbare Ungerechtigkeiten vorzugehen. Aber der Glaube, dass sich jahrzehntelange Einseitigkeit, gerade in etwas sich so klar im Leben aller Menschen niederschlagendem wie der Geschlechterpolitik, nicht negativ für die ignorierte Seite auswirkt, ist naiv und Menschen, die diesen Status Quo unter dem Deckmantel der Vertretung von Interessen vermeintlich Diskriminierter nicht nur beibehalten sondern erkennbar noch massiv ausbauen wollen, sind gesellschaftspolitisch fatal und charakterlich zutiefst verdorben.