Ab wann ist ein Rollenspiel überhaupt ein Rollenspiel?
Verfasst: 19.11.2014 16:52
Nach der langen und andauernden Diskussion über Dragon Age: Inquisition habe ich mir einige Gedanken über das Genre Rollenspiel gemacht, und wo es eigentlich ursprünglich herkommt.
Angefangen hat wohl alles, wie immer, mit Tolkiens Herr der Ringe Trilogie. Ich selbst habe Anfang der 90er Jahre die Sogwirkung dieser Bücher als 13 Jähriger Schüler bemerkt, und wollte danach auch in Mittelerde leben, die Rollen von Aragorn, Gimli und Gandalf nachspielen. So ging es wohl auch Studenten in den siebziger und achtziger Jahren, die anfingen die ersten Pen & Paper Rollenspiele zu entwickeln. Diese fanden meist in Fantasy Szenarien (z.B. Dungeons & Dragons) statt. In der Zeit entwickelte sich auch das Fanatsy Genre im literarischen Bereich immer weiter.
Ich denke Ziel von diesen Pen & Paper Rollenspielen war es eine Immersion zu schaffen, um das Bedürfnis der Spieler zu befriedigen in andere Rollen schlüpfen zu können, den Alltag zu entfliehen und in fantastischen Welten Abenteuer zu erleben. Eskapismus in erster Linie, ja. Der Hauptaspekt, des Pen & Paper Spiels, steckt aber meines Erachtens in dem Rollenspiel. Also wirklich in eine Rolle zu schlüpfen (z.B. eine gewitzte, aber eigennützige Diebin) und diese in der Fantasie-Welt auszuleben.
Nebenprodukt dieses Bedürfnis waren dann aber auch immer die Regelwerke dieser Pen & Paper Spiele. Die teils sehr komplex ausfielen. Aber wenn ich als Axt-schwingender Zwerg eine neue Axt in einer Truhe finde, will ich schon genau wissen ob sie besser als die Alte ist. Und wenn es eine legendäre magische Axt ist, dann will ich auch wissen was daran so legendär und magisch ist. So wurden die "Stats" eingeführt. Kämpfe wurden per Würfel ausgerollt, das meiste kennt man ja.
In den 80ger und 90er Jahren kamen dann die ersten Rollenspiele als Video und Computer Games auf dem Markt. Meist von Pen & Paper Rollenspielern konzipiert, die das Regelwerk der Vorlage abbildeten und dazu noch versuchten stimmungsvolle Visualisierungen zu bieten. Es gab die typische Rassen & Klassen, Waffen & Rüstungen und Dungeons wurden erkundet und geplündert. Das eigentliche Rollenspiel fand aber meist noch sehr Bescheiden statt (aufgrund der technischen Einschränkungen). Aber der Versuch war da. Was die Spiele meist aber sehr gut vermitteln konnten war der explorative Aspekt. Ein unbekanntes Gewölbe zu erkunden und sich Schritt für Schritt mit der Fackel vorzutasten und hinter jeder Ecke konnte ein Schatz oder auch ein Monster lauern.
Dann kam irgendwann Diablo. Dieses Spiel hat sehr viel "Speck" abgeschnitten und Rollenspiel auf einen wesentlichen Kern reduziert. Stats und Items. Atmosphäre und Story waren noch vorhanden aber im Vordergrund lag der bloße Spaß am Sammeln, Leveln und Plündern. Daran war auch nichts verkehrtes, das Spiel ist heute ein Klassiker und Hack'n'Slay ein eigenes Genre.
Im Gegenzug gab es andere Spiele wie Baldurs Gate, Fallout und Planescape Torment, die klassische Rollenspiel-Tugenden zur Hochform aufliefen ließen. Spieler wurden dazu ermutigt Rollen zu spielen, Entscheidungen aufgrund ihrer Gesinnung zu treffen (z.B. Chaotisch, Neutral) und Spaß daran zu haben diese Rolle(n) zu spielen.
Danach übernahmen viele andere Genres Rollenspiel-Mechaniken, wie XP und Level-Systeme, weil sie besonders den "Achiever" Spielertyp ansprechen wollten, der gerne "Progression" sehen möchte. Items, Stats, DPS - fast jedes Spiel hat heute Dinge die irgendwie aus alter Pen & Paper Vergangenheit stammen. Was aber mehr und mehr weggefallen ist, das ist immer der "Rollenspiel"-Aspekt. Es wurden im Grunde nur einzelne Mechaniken übernommen, aber nicht die Grund-Idee.
Nun zur Frage: Wann ist ein Rollenspiel überhaupt ein Rollenspiel?
Meines Erachtens muss ich die Möglichkeit haben mir einen Charakter auszudenken, zu entwerfen, ihm eine Gesinnung zu geben. Dann muss ich im Spiel die Möglichkeit haben diesen Charakter wirklich in seiner Rolle spielen zu könne, also auch Entscheidungen je nach seiner Gesinnung treffen zu können. Das wäre wirklich die ganz alte, echte Schule.
Sogenannte Rollenspiele, bei denen ich einen fertigen Charakter mit fester Vorgeschichte und Gesinnung spielen muss, sind für mich schon Grad-Wanderungen. Natürlich kann man versuchen diese vorgegebene Rolle zu spielen, z.B. versetze ich mich in Geralt den Hexer hinein, und versuche so zu handeln wie diese Figur es tun würde. Nur dann muss mir das Spiel auch diese Handlungs-Möglichkeiten geben, und auch meine Umgebung muss darauf reagieren wenn ich mit der Figur etwas für sie ungewöhnliches unternehme.
Ein Rollenspiel darf nicht nur aus Combat bestehen. Ein Spiel mit Zwischensequenzen, in denen mir die Story erzählt wird, gepaart mit Rumlaufen auf einer Landkarte plus gelegentlichen Scharmützeln und Bossfights ist kein klassisches Rollenspiel! Eher ein Action-Adventure mit Rollenspiel Elementen (und sehr viele JRPGs fallen, so Leid es mir tut, darunter. Aber dafür ist ja "JRPG" auch ein eigenes Genre geworden)
Das ein Rollenspiel immer explorativ sein muss, sehe ich nicht so. Man muss nicht unbedingt tausend Dungeons erkunden und zig Quadratmeilen Landschaft kartographieren. Man kann auch ein Rollenspiel in einem einzigen Raum stattfinden lassen.
Und womit man endlich aufräumen sollte ist:
Nur weil ein Spiel ein Level-System, eine Charakter-Ausrüst-Screen und Items und Skills hat, ist es noch lange kein Rollenspiel.
Auch wenn ich zwischen verschiedenen Klassen und Rassen am Start wählen kann, macht noch kein Rollenspiel, solange ich diese nicht wirklich "spielen" kann. Wenn der Unterschied meiner Wahl nur den Combat betrifft, dann ist es kein Rollenspiel.
Angefangen hat wohl alles, wie immer, mit Tolkiens Herr der Ringe Trilogie. Ich selbst habe Anfang der 90er Jahre die Sogwirkung dieser Bücher als 13 Jähriger Schüler bemerkt, und wollte danach auch in Mittelerde leben, die Rollen von Aragorn, Gimli und Gandalf nachspielen. So ging es wohl auch Studenten in den siebziger und achtziger Jahren, die anfingen die ersten Pen & Paper Rollenspiele zu entwickeln. Diese fanden meist in Fantasy Szenarien (z.B. Dungeons & Dragons) statt. In der Zeit entwickelte sich auch das Fanatsy Genre im literarischen Bereich immer weiter.
Ich denke Ziel von diesen Pen & Paper Rollenspielen war es eine Immersion zu schaffen, um das Bedürfnis der Spieler zu befriedigen in andere Rollen schlüpfen zu können, den Alltag zu entfliehen und in fantastischen Welten Abenteuer zu erleben. Eskapismus in erster Linie, ja. Der Hauptaspekt, des Pen & Paper Spiels, steckt aber meines Erachtens in dem Rollenspiel. Also wirklich in eine Rolle zu schlüpfen (z.B. eine gewitzte, aber eigennützige Diebin) und diese in der Fantasie-Welt auszuleben.
Nebenprodukt dieses Bedürfnis waren dann aber auch immer die Regelwerke dieser Pen & Paper Spiele. Die teils sehr komplex ausfielen. Aber wenn ich als Axt-schwingender Zwerg eine neue Axt in einer Truhe finde, will ich schon genau wissen ob sie besser als die Alte ist. Und wenn es eine legendäre magische Axt ist, dann will ich auch wissen was daran so legendär und magisch ist. So wurden die "Stats" eingeführt. Kämpfe wurden per Würfel ausgerollt, das meiste kennt man ja.
In den 80ger und 90er Jahren kamen dann die ersten Rollenspiele als Video und Computer Games auf dem Markt. Meist von Pen & Paper Rollenspielern konzipiert, die das Regelwerk der Vorlage abbildeten und dazu noch versuchten stimmungsvolle Visualisierungen zu bieten. Es gab die typische Rassen & Klassen, Waffen & Rüstungen und Dungeons wurden erkundet und geplündert. Das eigentliche Rollenspiel fand aber meist noch sehr Bescheiden statt (aufgrund der technischen Einschränkungen). Aber der Versuch war da. Was die Spiele meist aber sehr gut vermitteln konnten war der explorative Aspekt. Ein unbekanntes Gewölbe zu erkunden und sich Schritt für Schritt mit der Fackel vorzutasten und hinter jeder Ecke konnte ein Schatz oder auch ein Monster lauern.
Dann kam irgendwann Diablo. Dieses Spiel hat sehr viel "Speck" abgeschnitten und Rollenspiel auf einen wesentlichen Kern reduziert. Stats und Items. Atmosphäre und Story waren noch vorhanden aber im Vordergrund lag der bloße Spaß am Sammeln, Leveln und Plündern. Daran war auch nichts verkehrtes, das Spiel ist heute ein Klassiker und Hack'n'Slay ein eigenes Genre.
Im Gegenzug gab es andere Spiele wie Baldurs Gate, Fallout und Planescape Torment, die klassische Rollenspiel-Tugenden zur Hochform aufliefen ließen. Spieler wurden dazu ermutigt Rollen zu spielen, Entscheidungen aufgrund ihrer Gesinnung zu treffen (z.B. Chaotisch, Neutral) und Spaß daran zu haben diese Rolle(n) zu spielen.
Danach übernahmen viele andere Genres Rollenspiel-Mechaniken, wie XP und Level-Systeme, weil sie besonders den "Achiever" Spielertyp ansprechen wollten, der gerne "Progression" sehen möchte. Items, Stats, DPS - fast jedes Spiel hat heute Dinge die irgendwie aus alter Pen & Paper Vergangenheit stammen. Was aber mehr und mehr weggefallen ist, das ist immer der "Rollenspiel"-Aspekt. Es wurden im Grunde nur einzelne Mechaniken übernommen, aber nicht die Grund-Idee.
Nun zur Frage: Wann ist ein Rollenspiel überhaupt ein Rollenspiel?
Meines Erachtens muss ich die Möglichkeit haben mir einen Charakter auszudenken, zu entwerfen, ihm eine Gesinnung zu geben. Dann muss ich im Spiel die Möglichkeit haben diesen Charakter wirklich in seiner Rolle spielen zu könne, also auch Entscheidungen je nach seiner Gesinnung treffen zu können. Das wäre wirklich die ganz alte, echte Schule.
Sogenannte Rollenspiele, bei denen ich einen fertigen Charakter mit fester Vorgeschichte und Gesinnung spielen muss, sind für mich schon Grad-Wanderungen. Natürlich kann man versuchen diese vorgegebene Rolle zu spielen, z.B. versetze ich mich in Geralt den Hexer hinein, und versuche so zu handeln wie diese Figur es tun würde. Nur dann muss mir das Spiel auch diese Handlungs-Möglichkeiten geben, und auch meine Umgebung muss darauf reagieren wenn ich mit der Figur etwas für sie ungewöhnliches unternehme.
Ein Rollenspiel darf nicht nur aus Combat bestehen. Ein Spiel mit Zwischensequenzen, in denen mir die Story erzählt wird, gepaart mit Rumlaufen auf einer Landkarte plus gelegentlichen Scharmützeln und Bossfights ist kein klassisches Rollenspiel! Eher ein Action-Adventure mit Rollenspiel Elementen (und sehr viele JRPGs fallen, so Leid es mir tut, darunter. Aber dafür ist ja "JRPG" auch ein eigenes Genre geworden)
Das ein Rollenspiel immer explorativ sein muss, sehe ich nicht so. Man muss nicht unbedingt tausend Dungeons erkunden und zig Quadratmeilen Landschaft kartographieren. Man kann auch ein Rollenspiel in einem einzigen Raum stattfinden lassen.
Und womit man endlich aufräumen sollte ist:
Nur weil ein Spiel ein Level-System, eine Charakter-Ausrüst-Screen und Items und Skills hat, ist es noch lange kein Rollenspiel.
Auch wenn ich zwischen verschiedenen Klassen und Rassen am Start wählen kann, macht noch kein Rollenspiel, solange ich diese nicht wirklich "spielen" kann. Wenn der Unterschied meiner Wahl nur den Combat betrifft, dann ist es kein Rollenspiel.