Warco - das erste Antikriegsspiel?

Hier geht es um Spieldesign oder Game Studies, Philosophie oder Genres!

Moderatoren: Moderatoren, Redakteure

Benutzeravatar
Scorcher24_
Beiträge: 15527
Registriert: 11.11.2004 14:31
Persönliche Nachricht:

Warco - das erste Antikriegsspiel?

Beitrag von Scorcher24_ »

Die Diskussion hatten wir ja schonmal.
Jetzt kommt ein Game, welches das sein könnte:
http://www.golem.de/1109/86415.html
Mit der Kamera mitten im Krieg

Im Egoshooter Warco ist der Spieler Krisenjournalist. Und muss, nur mit einer Kamera und einer schusssicheren Weste ausgestattet, Berichte aus Kriegsgebieten liefern - ohne dabei selbst erschossen zu werden.

Warco ist ein ungewöhnlicher Shooter - der Spieler erhält darin nur einen Abzug, den einer Videokamera. Mit der müssen Bilder von kämpfenden und notleidenden Zivilisten aus Kriegsgebieten aufgenommen und zwischen den Missionen zu kurzen Fernsehberichten zusammengestellt werden.
Benutzeravatar
TomSupreme
Beiträge: 4172
Registriert: 28.11.2009 16:26
Persönliche Nachricht:

Beitrag von TomSupreme »

Die Idee klingt nicht uninteressant, ich frag mich nur wie sich das in ein spannendes Konzept ummünzen lässt was den Spieler fesselt. Nur mit der Kamera rumlaufen und sich keine Kugeln einfangen kann auf Dauer nur mäßig spannend sein.
Zuletzt geändert von TomSupreme am 13.09.2011 20:15, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Howdie
Beiträge: 17117
Registriert: 17.09.2005 09:15
Persönliche Nachricht:

Beitrag von Howdie »

Ich bin da auch sehr skeptisch. Grundsätzlich finde ich die Idee begrüßenswert mal etwas anderes zu versuchen, aber gut finde ich sie trotzdem nicht. Was mich stört:

Zum einen frönt man dem Katastrophen-Journalismus. Ich stehe auch den Bildern im Fernsehen sehr skeptisch gegenüber. Muss man Krieg in allen Details und all seiner Brutalität abbilden? Ich denke nicht.

Zum anderen glaube ich nicht, dass so ein Spiel wirklich die Greuel des Krieges transportieren kann. Es ist ein Spiel. Es sind nur Pixel und es sind nur Polygone. Soll ich auf einmal nachdem ich Millionen von Polygongegnern in unzähligen Kriegsspielen das virtuelle Leben ausgehaucht habe, Mitleid für sie empfinden? Das wäre ja nahezu schitzophren. Ich sehe Gewalt gegenüber Polygonen nicht wirklich als schlimm an, das wird auch dieses Spiel nicht schaffen. Vielleicht schafft es die Atmosphäre eines guten Antikriegsfilms aufzubauen, aber es ist immer noch Unterhaltung.

Eines der wenigen Spiele wo ich so etwas wie Mitleid mit meinen Gegnern hatte war SotC. Das Spiel erreicht das aber auch nur durch seine kontemplative und ruhige Art. Man gibt dem Spieler viel Zeit zu reflektieren. Ich bezweifele, dass das in einem Kriegsszenario möglich ist. Es mag authentisch und einnehmend werden. Aber ich fürchte den Anspruch an sich selbst, erfüllt das Spiel wohl nicht.

Die Zusammenarbeit mit echten Journalisten ist jedenfalls interessant, wobei ich auch nicht genau weiß, wie das Gameplay funktionieren soll. Bekommt man Belohnungen wenn man besonders grausige Szenen filmt? Spiele funktionieren ja durch Belohnungen und den Fortschritt der eigenen Figur oder Fähigkeiten (auch die des Spielers). Ob sich das so trägt... ich weiß es nicht.

Das Konzept ist spannend, aber ich bleibe da sehr skeptisch. Das Video sieht jedenfalls noch recht plump aus.
Rock´n´Roll music is turning the kids into a bunch of sexhungry, beerdrinking, roadracing werewolfs!
Benutzeravatar
mr archer
Beiträge: 10329
Registriert: 07.08.2007 10:17
Persönliche Nachricht:

Beitrag von mr archer »

Erdbeerfeldheld hat geschrieben:Nur mit der Kamera rumlaufen und sich keine Kugeln einfangen kann auf Dauer nur mäßig spannend sein.
Ich wär mir da nicht so sicher. Für mich klingt das nach einem klassischen Stealth-Ansatz. Und wie wir alle wissen, kann sowas der Nägelabkauer schlechthin sein.

Interessante Idee jedenfalls. Befürwortung meinerseits.
Kószdy kozow swoju brodu chwali.
[sorbisch] Jeder Ziegenbock lobt seinen Bart.

Meine Texte und Fotos http://brotlos.weebly.com

Benutzeravatar
Bedameister
Beiträge: 19413
Registriert: 22.02.2009 20:25
Persönliche Nachricht:

Beitrag von Bedameister »

Die Idee ist gut aber ich denke das Spiel wird wenig beachtung finden.
Der Tag an dem ein Antikriegs AAA Titel kommt ist wohl noch n bischne entfernt. Ich hoffe da aber mal auf Quantic Dream
Benutzeravatar
Wulgaru
Beiträge: 29391
Registriert: 18.03.2009 12:51
Persönliche Nachricht:

Beitrag von Wulgaru »

Kommt drauf an wie das gemacht wird. Wenn es dann so pathetisches mit H.Zimmer unterlegtes Bildmaterial gibt, ist es im Grunde egal ob man nun mitballert oder nicht. An sich finde ich solche Survival-Konzepte (was es im Gameplay dann ja wäre) sehr interessant.
Armin
Beiträge: 2667
Registriert: 30.01.2003 13:05
Persönliche Nachricht:

Beitrag von Armin »

Howdie hat geschrieben:Zum einen frönt man dem Katastrophen-Journalismus. Ich stehe auch den Bildern im Fernsehen sehr skeptisch gegenüber. Muss man Krieg in allen Details und all seiner Brutalität abbilden? Ich denke nicht.
Das muss man sogar ganz bestimmt, sonst merkt die Bevoelkerung gar nicht, welches Gemetzel ihre Truppen anrichten. Denk mal an den Aufrur um das Video in dem die Apache Crew die Reuters Journalisten niedermaehte.

Wenn dieses Spiel tatsaechlich die Greueltaten an Zivilisten in Kriegen darstellen moechte, dann kann man das nur begruessen. Aber ich denke mal es wird nur derselbe heroische 08/15 Ballerkram mit Kamera statt Gewehr. Sonst waere das wohl eh viel zu deprimierend, allerdings keinesfalls langweilig.
Benutzeravatar
Levi 
Beiträge: 44873
Registriert: 18.03.2009 15:38
Persönliche Nachricht:

Beitrag von Levi  »

Armin hat geschrieben:Aber ich denke mal es wird nur derselbe heroische 08/15 Ballerkram mit Kamera statt Gewehr.
auch meine Vermutung ... es kann funtkionieren .... vor allem wenn dann ne Mission kommt: "Zeige unsere Helden live in Action" und dann kommt es zu einer Szene, in der der begleitende Trupp auf eine Zivilistenfamilie trifft .... ..... irgendwie könnte es funktionieren .... aber ich glaube nicht dran



aus dem Golemtext
Das Spiel könnte den Entwicklern zufolge nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch für die Ausbildung von Krisenreportern verwendet werden
ok ... vergesst es ... das wird nix ....
forever NYAN~~ |||||||| Hihi
Bild
Benutzeravatar
Howdie
Beiträge: 17117
Registriert: 17.09.2005 09:15
Persönliche Nachricht:

Beitrag von Howdie »

Armin hat geschrieben:
Howdie hat geschrieben:Zum einen frönt man dem Katastrophen-Journalismus. Ich stehe auch den Bildern im Fernsehen sehr skeptisch gegenüber. Muss man Krieg in allen Details und all seiner Brutalität abbilden? Ich denke nicht.
Das muss man sogar ganz bestimmt, sonst merkt die Bevoelkerung gar nicht, welches Gemetzel ihre Truppen anrichten. Denk mal an den Aufrur um das Video in dem die Apache Crew die Reuters Journalisten niedermaehte.
Wo fängt man an, wo hört man auf? Ich habe da wirklich Skrupel wenn es um echte Gewalt geht. Zeigt man Exekutionen? Vergewaltigungen? Massenhinrichtungen? Die Gesichter der Opfer? Verpixelte Aufnahmen? Ich weiß es wirklich nicht.

Natürlich ist es wichtig die Gräuel zu zeigen. Jeder der mal ein KZ besucht hat weiß das. Aber der Berichterstattung im Fernsehen stehe ich sehr skeptisch gegenüber. Oft verschmelzen die Grenzen zwischen der Abscheu und der Faszination in der Berichterstattung. Kriegsjournalismus ist immer ein Grenzgang. Leider ist in einer Zeit, wo embedded Journalists den Krieg für die Heimatfront gerne auch mal patriotisch aufarbeiten, eine genau so drastische Gegendarstellung wichtig. Aber insgesamt zweifel ich oft an den Motiven und Intentionen des gezeigten Materials.

Ich persönlich brauche keine drastischen Bilder um zu wissen, dass Krieg ein unfassbarer Schrecken ist. Ich liebe gewaltverherrlichende Spiele, schaue brutale Filme, aber wenn es um reale Menschen geht sieht die Sache anders aus. Ich finde es eigentlich traurig, wenn jedes Opfer heute ein Gesicht braucht um unser Mitleid zu bekommen. Ist meine persönliche Meinung.
Rock´n´Roll music is turning the kids into a bunch of sexhungry, beerdrinking, roadracing werewolfs!
Benutzeravatar
TomSupreme
Beiträge: 4172
Registriert: 28.11.2009 16:26
Persönliche Nachricht:

Beitrag von TomSupreme »

Armin hat geschrieben:
Howdie hat geschrieben:Zum einen frönt man dem Katastrophen-Journalismus. Ich stehe auch den Bildern im Fernsehen sehr skeptisch gegenüber. Muss man Krieg in allen Details und all seiner Brutalität abbilden? Ich denke nicht.
Das muss man sogar ganz bestimmt, sonst merkt die Bevoelkerung gar nicht, welches Gemetzel ihre Truppen anrichten. Denk mal an den Aufrur um das Video in dem die Apache Crew die Reuters Journalisten niedermaehte.

Wenn dieses Spiel tatsaechlich die Greueltaten an Zivilisten in Kriegen darstellen moechte, dann kann man das nur begruessen. Aber ich denke mal es wird nur derselbe heroische 08/15 Ballerkram mit Kamera statt Gewehr. Sonst waere das wohl eh viel zu deprimierend, allerdings keinesfalls langweilig.
Ähm...nein. Ein Spiel das Gräueltaten realistisch abzeichnet und wo man als Zuschauer dabei ist wie eine Familie im Feuergefecht hingerichtet wird ist für mich weder beobachtenswert, noch hat es irgendeinen Mehrwert....die Kiddies werden "Boah, voll geil" rufen, die erwachsenen Zocker nehmen es zur Kenntnis und der große Rest der Öffentlichkeit wird "Teufelszeug" schreien. Das Spiel müsste Gefühle vermitteln, der Hilflosigkeit, des Grauens, der Perversion des Augenblicks bei dem man einfach nur kotzen möchte ohne plump nur auf Schauwerte zu setzen.
Zudem sind Video-/PC-Spiele immer noch in einer gewissen Schublade beheimatet aus der man bisher nicht wieder rausgekommen ist, weder mit leidenschaftlichen Argumenten, noch mit sachlicher Diskussion.
Benutzeravatar
Wulgaru
Beiträge: 29391
Registriert: 18.03.2009 12:51
Persönliche Nachricht:

Beitrag von Wulgaru »

Das ist wahrscheinlich wirklich der sinnvollste Kritikpunkt:
Egal wie gut oder schlecht diese Idee umgesetzt sein wird. Die Diskussion geht am Ende darum ob das ein Spiel darf und nicht um die Aussage die das Spiel eigentlich treffen will.
Benutzeravatar
crewmate
Beiträge: 18865
Registriert: 29.05.2007 15:16
Persönliche Nachricht:

Beitrag von crewmate »

Die krasseste Gewalt ist eh die, die man nicht sieht, sondern die man sich nur im Kopf ausmalt. Alles andere gerät dann schnell in den Torture Porn, der sich wirklich an Blut und Gedärm weidet. American Psycho hat das gut gemacht, denn man hat Bateman nie wirklich seine ganzen Opfer abschlachten gesehen, nur, wie sich am Ende die Leichen im Badezimmer stapeln. Was Christian Bale mit denen gemacht hat, konnte man sich nur ausmalen.

Die Typen in ein Dorf kommen und nur Leichen und Sterbende des Lynch-trupps vorfinden. Die Szene ist mucksmäuschen Still. Man findet Szenen mit Hingerichteten und Vergewaltigten vor. Massengräber und verbrannte Knochen. Und alles baut sich im Kopf des Spielers zusammen.

So subtil umgesetzt, darf ein Spiel das durchaus.

Kameramann spielen, oh scheiße!
Bild
PSNID/NINID/Steam: crewmate
Xbox: cordia96
Benutzeravatar
Wulgaru
Beiträge: 29391
Registriert: 18.03.2009 12:51
Persönliche Nachricht:

Beitrag von Wulgaru »

crewmate hat geschrieben:Die krasseste Gewalt ist eh die, die man nicht sieht, sondern die man sich nur im Kopf ausmalt. Alles andere gerät dann schnell in den Torture Porn, der sich wirklich an Blut und Gedärm weidet. American Psycho hat das gut gemacht, denn man hat Bateman nie wirklich seine ganzen Opfer abschlachten gesehen, nur, wie sich am Ende die Leichen im Badezimmer stapeln. Was Christian Bale mit denen gemacht hat, konnte man sich nur ausmalen.
Insofern lustiges Beispiel, weil der Film auf den du dich beziehst auf diese Art der Darstellung aus Gründen der Selbstzensur verzichtet. Im Buch gibt es kein Kopfkino, sondern Ratten die Vaginas hochgejagt werden...u.a.

Ein Spiel wird sowieso kaum nur mit solchen Szenen arbeiten können, weil es sich zu langweilig spielen würde. Das wäre eine ideale Prologszene ala "was ist denn hier passiert finde es heraus", aber würde kein Spiel tragen.
Benutzeravatar
Scorcher24_
Beiträge: 15527
Registriert: 11.11.2004 14:31
Persönliche Nachricht:

Beitrag von Scorcher24_ »

Wulgaru hat geschrieben:
crewmate hat geschrieben:Die krasseste Gewalt ist eh die, die man nicht sieht, sondern die man sich nur im Kopf ausmalt. Alles andere gerät dann schnell in den Torture Porn, der sich wirklich an Blut und Gedärm weidet. American Psycho hat das gut gemacht, denn man hat Bateman nie wirklich seine ganzen Opfer abschlachten gesehen, nur, wie sich am Ende die Leichen im Badezimmer stapeln. Was Christian Bale mit denen gemacht hat, konnte man sich nur ausmalen.
Insofern lustiges Beispiel, weil der Film auf den du dich beziehst auf diese Art der Darstellung aus Gründen der Selbstzensur verzichtet. Im Buch gibt es kein Kopfkino, sondern Ratten die Vaginas hochgejagt werden...u.a.

Ein Spiel wird sowieso kaum nur mit solchen Szenen arbeiten können, weil es sich zu langweilig spielen würde. Das wäre eine ideale Prologszene ala "was ist denn hier passiert finde es heraus", aber würde kein Spiel tragen.
Allgemein nennt man das auch "implied gore" und wird in Mächte des Wahnsinns von John Carpenter auch verwendet.
Ich denke schon, dass sowas in einem Spiel funktionieren könnte.
Benutzeravatar
TomSupreme
Beiträge: 4172
Registriert: 28.11.2009 16:26
Persönliche Nachricht:

Beitrag von TomSupreme »

crewmate hat geschrieben:Die krasseste Gewalt ist eh die, die man nicht sieht, sondern die man sich nur im Kopf ausmalt. Alles andere gerät dann schnell in den Torture Porn, der sich wirklich an Blut und Gedärm weidet. American Psycho hat das gut gemacht, denn man hat Bateman nie wirklich seine ganzen Opfer abschlachten gesehen, nur, wie sich am Ende die Leichen im Badezimmer stapeln. Was Christian Bale mit denen gemacht hat, konnte man sich nur ausmalen.

Die Typen in ein Dorf kommen und nur Leichen und Sterbende des Lynch-trupps vorfinden. Die Szene ist mucksmäuschen Still. Man findet Szenen mit Hingerichteten und Vergewaltigten vor. Massengräber und verbrannte Knochen. Und alles baut sich im Kopf des Spielers zusammen.

So subtil umgesetzt, darf ein Spiel das durchaus.
American Psycho ist ein schlechtes Beispiel.....den Film kann man eigentlich nur dann schauen wenn man das Buch vorher gelesen hat weil man es teilweise sonst nicht versteht. Abgesehen davon killt Bateman die Menschen in dem Buch nicht....man weiß einfach nicht ob er es wirklich getan hat.
Und Leichenberge, vergewaltigte und gefolterte Menschen, Massengräber....ich glaube, subtil geht anders.
Gesperrt