Christian Schmidts Kommentar auf Spiegel Online

Hier geht es um Spieldesign oder Game Studies, Philosophie oder Genres!

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Dan Chox
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Beitrag von Dan Chox »

mr archer hat geschrieben:Dagegen habe ich auch gar nix. Um beim gewählten Beispiel zu bleiben: sowohl "Citizen Kane" als auch "Der weiße Hai" haben in ihrem Filmsegment Bahnbrechendes vollbracht und gelten zurecht als Klassiker.

Das kann man aber von "Der weiße Hai 3" nicht mehr behaupten.

Und hier haben sich die Gemeinsamkeiten mit der Durchschnitts-Videospieljournalisterei in Deutschland nämlich erschöpft. Die wollen mir nämlich weismachen, dass noch "Der Weiße Hai begins 3D" ein Meisterwerk ist. Und noch dazu machen sie das in Texten, die man bereits beim Lesen wieder vergessen hat.

Schön ist das nicht.
Da möchte ich widersprechen: Ein Ebert gibt für heutige Filme gerne mal auch vier Sterne. Solche, die ich persönlich mit weniger bewerten würde. Er meint übrigens auch mal, dass Spiele niemals Kunst sein werden, und wieder ein andern mal, dass sie es vielleicht ja sein könnten. Aber das ist ja auch nicht der Punkt...
Wie schon festgestellt, Schmidt und Fröhlich reden da beredt aneinander vorbei - der eine kritisiert die Kritik, die andere die Spiele, die den Redakteuren vorgesetzt werden. Das Problem bei der Sache ist doch letztendlich, dass ernster Spielkritik entweder die Tradition und Erfahrung fehlt oder die Kreativität und Originalität eines Escapisten. Ein Reich-Ranicki und Ebert profitieren aus ihrem Alter und dem gesetzten Wissensschatz. Die kann man (auch bei ü. 30-er) Kritikern eines Mediums, das ernsthaft erst seit den 80ern existiert, nicht erwarten. Dazu kommt, dass zutreffende Kritik im Zuge des Internets durch Enthusiasten und Amateure noch weiter aufgeschwemmt wird. Und da wird Schmidt, der ja durchaus Recht hat, Opfer seiner eigenen Kritik: Ein Problem, das ausführlicherer Analyse bedarf, kann man nicht ausreichend in phrasenhaften, 20 Zeilen langen Stichpunkten mit mottohafter Überschrift darlegen.
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mr archer
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Beitrag von mr archer »

Dan Chox hat geschrieben: ... oder die Kreativität und Originalität eines Escapisten. .
Also das Niveau des Escapisten - darüber wäre ich ja für den deutschsprachigen Raum als Anfang schon froh. Die sind da nun ja auch nicht älter als maximalst 40. Geht also.

Wie bereits mehrfach erwähnt: so ein Typ wie Mark Kermode von der BBC, der dort der Cheffilmkritiker ist. Ein Typ in den frühen 40ern mit einer Elvistolle, der auf 70er Jahre Hammer-Studio-Horror-Filme steht und den sie trotzem nach Cannes schicken. Ein echter Nerd im positivsten aller Sinne.

Sowas könnte dieses Genre hier locker auch hervorbringen. Zumindest hoffe ich das sehr.
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McKnife
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Beitrag von McKnife »

Also mal die zwei Hauptaspekte die mich vom Kaufen von Videospielzeitschriften abhalten:
- kurze, und immer gleiche Spielberichte die eigentlich nur das über die Spiele aussagen was eh schon jeder weiß

- und die, in Relation zur angebotenen Qualität des Produkts, hohen Preise

Ich finds langweilig, wenn ich mir jede x-beliebige Zeitschrift über Games kaufen kann, und dann steht da z.b. drin:
"Modern Warfare 3: Hollywood-geballer der extraklasse, kurze kampagne, bewährter multiplay mit ein paar neuerungen gegenüber des vorgängers...yadayadayada..." und dann noch kurze konkrete beschreibung von killstreaks o.ä.

das ist doch keine journalistische Leistung. Ich kaufe mir eine Zeitschrift, weil ich eine ausführliche Meinung zu einem Produkt, in diesem Falle einen Spiel haben will, etwas individuelles. Die bunten Bilderseiten, mit kleinen Textkästchen, die man in dem so genannten "Artikel" schon beinahe suchen muss, sind allesamt austauschbar, und nichts weiter, als Info- und Ramendaten...die finde ich doch auch mal eben schnell im Internet.

Ich fänds schön, wenn es ein Magazin gäbe, dass sich so ausführlich und seriös mit Games auseinandersetzt, wie zum Beispile die c't mit Computer Hard-/Software und ähnlichem...


EDIT: Die GameOne Redaktion hat sich übrigens in einem Plauschangriff mal über Gameszeitschriften unterhalten. Sowohl über ihre Erfahrungen als Leser, als auch über ihre Erfahrungen als Redakteur bei einer Zeitschrift, und dabei beschreiben sie auch, wie man als Lehrling von den Chefschreibern die Schreibphilosophie aufgedrückt bekommt... wer also Interesse hat :

http://gameone.de/blog/2011/2/der-gameo ... tschriften
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mr archer
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Beitrag von mr archer »

McKnife hat geschrieben:Also mal die zwei Hauptaspekte die mich vom Kaufen von Videospielzeitschriften abhalten:
- kurze, und immer gleiche Spielberichte die eigentlich nur das über die Spiele aussagen was eh schon jeder weiß
Genau. Das wäre so, als bestünde das deutschsprachige Kinofeuilleton lediglich aus den Kinonews, die für lau in den Multiplexen ausliegen.

Nur das man bei Videospielen dafür halt bezahlen soll.

Quasi die "Apotheken-Rundschau". Nur für teuer Geld.
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Chibiterasu
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Beitrag von Chibiterasu »

Da viele Leser aber gerne was über verschiedene Enden, Schwierigkeitsgrade, den Umfang, Bugs etc. lesen, müssen Spiele auch viel länger, teilweise auf mehreren Systemen (PC) getestet werden.

Das erfordert um einiges mehr Zeit und Logistik als sich einfach einen 2-Stunden Film anzusehen. Irgendwer muss das bezahlen.



All das rechtfertigt aber nicht den Teststil bzw. das Schreibniveau, das teilweise vorherrscht.
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JesusOfCool
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Beitrag von JesusOfCool »

schön, dass mittlerweile gameone hier aufgetaucht ist. deren art ein review zu gestalten find ich nämlich super ^^
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I love TitS
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Beitrag von I love TitS »

JesusOfCool hat geschrieben:schön, dass mittlerweile gameone hier aufgetaucht ist. deren art ein review zu gestalten find ich nämlich super ^^
Gerade die GameOne Reviews finde ich richtig miserabel.
Deren Fazit läuft immer darauf hinaus: "Aber eigentlich ist es doch ein tolles Spiel" o.O

Egal, wie sehr es davor durch den Kakao gezogen wurde oder egal was für wirklich wichtige Kritikpunkte vernachlässigt wurden. Ich mag die Jungs und die sind witzig, ich finds super, dass es sowas immerhin noch 15min im deutschen TV gibt, aber die Reviews sind richtig schlecht.

Auch im Blog findet man Videos zu Spielen á la "1 Stunde mit Spiel XY" wo sich Leute dann hinsetzen und bevor die Konsole an ist: Boar, eigentlich kann ich mit sowas überhaupt nix anfangen. Dann wird 1 Stunde rumgenörgelt über irgendein Spiel, das ja eh nie ne Chance hatte. Also sorry, das ist keine Qualität, die GameOne bietet...
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Levi 
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Beitrag von Levi  »

I love TitS hat geschrieben: Gerade die GameOne Reviews finde ich richtig miserabel.
Deren Fazit läuft immer darauf hinaus: "Aber eigentlich ist es doch ein tolles Spiel" o.O

Egal, wie sehr es davor durch den Kakao gezogen wurde oder egal was für wirklich wichtige Kritikpunkte vernachlässigt wurden. Ich mag die Jungs und die sind witzig, ich finds super, dass es sowas immerhin noch 15min im deutschen TV gibt, aber die Reviews sind richtig schlecht.
kann ich so nicht nachvollziehen ... Gameone zeigt wunderbar die Ecken und Kanten eines Spiels, aber genauso gut, wo es mal einfach spaß macht, bzw was es wirklich gut macht ....
am ende wird dann meist noch betont, für wen das Spiel eigentlich am ehesten geeignet ist/wer am meisten Spaß damit haben wird ... zudem gibts sehr wohl auch "Finger weg" Fazits.
allemal besser als irgendwelche dämlichen Wertungen ...oder gar Reviews denen man anmerkt, dass der Schreiber genu null Lust auf das Spiel hat, und eigentlich was gänzlich anderes spielen wollte ...


@Jes ... sie haben eigentlich nicht abgebaut :) ...
Zuletzt geändert von Levi  am 08.09.2011 11:27, insgesamt 2-mal geändert.
forever NYAN~~ |||||||| Hihi
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JesusOfCool
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Beitrag von JesusOfCool »

hab ja auch nur die gestaltung der reviews angesprochen, nicht deren inhalte. wobei die meistens auch alles erzählen was mich interessiert, ohne groß zu spoilern. habs allerdings schon ca 3 jahre nicht mehr gesehen :ugly:

edit: habs auch eher so wie levi schreibt in erinnerung.
aber da haben wohl auch unterschiedliche leute unterschiedliche ansprüche.
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mr archer
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Beitrag von mr archer »

Hier mal ein Link zu einem Kommentar, der wirklich kritisch auf die Argumente von Schmidt eingeht und nicht nur wie Frau Fröhlich verbissen den status quo verteidigt:


http://www.next-gamer.de/ng/articles/55 ... mes-tester
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mr archer
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Beitrag von mr archer »

Und hier ein Link zum Manifest des Neuen Spielejournalismus aus dem Jahr 2004, das in dem Beitrag von Next Gamer erwähnt wird.

Interessant. Kannte ich noch nicht:

http://alwaysblack.com/blackbox/ngj.html
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Howdie
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Beitrag von Howdie »

mr archer hat geschrieben:Und hier ein Link zum Manifest des Neuen Spielejournalismus aus dem Jahr 2004, das in dem Beitrag von Next Gamer erwähnt wird.

Interessant. Kannte ich noch nicht:

http://alwaysblack.com/blackbox/ngj.html
toilet-based browsability
:lol:
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Spaßbremse
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Beitrag von Spaßbremse »

mr archer hat geschrieben:Und hier ein Link zum Manifest des Neuen Spielejournalismus aus dem Jahr 2004, das in dem Beitrag von Next Gamer erwähnt wird.

Interessant. Kannte ich noch nicht:

http://alwaysblack.com/blackbox/ngj.html
Sag mal, Mr Archer, Du bist nicht zufällig auch bei SPON als singende Gesichtsbehaarung unterwegs, oder? :wink:
"Wer in einem gewissen Alter nicht merkt,dass er hauptsächlich von Idioten umgeben ist,merkt es aus einem gewissen Grund nicht!" - Curt Goetz

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mr archer
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Beitrag von mr archer »

Spaßbremse hat geschrieben:
Sag mal, Mr Archer, Du bist nicht zufällig auch bei SPON als singende Gesichtsbehaarung unterwegs, oder? :wink:
Psst! Die anderen hören zu ...
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sYntiq
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Beitrag von sYntiq »

Hmm.. es wird im Zusammenhang mit dem Artikel von C. Schmidt immer wieder die GEE lobend erwähnt. Wenn Spielejournalismus so wird wie in der GEE, dann werde ich auf lange Sicht hin wohl wenig Spielerelevantes lesen.

Ich gebe zu dass ich sie mir erst einmal gekauft habe. Evtl, habe ich da auch gleich eine "schwache" Ausgabe erwischt. Die zweite Chance konnte wegen Einstellung der Printausgabe leider nie stattfinden.. (Naja, Oktober :) ) aber ich muss sagen dass ich selten etwas so Inhaltsleeres gelesen habe. Ich bezeichne so etwas gern als pseudo-intellektuelles Gelaber. Es wurden viele, viele wohlklingende Worte genutzt. Es wirkte alles sehr intelligent und gebildet geschrieben, aber an Information kam dabei wenig herum.
Einen 1Seitigen Artikel konnte man ohne Probleme auf 2 Zeilen zusammenstreichen und es war noch immer alles an eigentlicher Information des Artikels vorhanden.
(Ich kenne einen Online-Spielejournalisten, der selbst zugegeben hat dass er Worte und das Spiel mit Worten faszinierend findet, weswegen Inhalt und Aussage eines Artikels für ihn Nebensache sind solange er mit Worten spielen kann. Das passt auch gut auf die Artikel dieser GEE-Ausgabe...)

Wenn ein Artikel durch Überschrift und Einleitung auf bestimmte Fragen hin angeteasert wird, dann erwarte ich auch dass in dem Artikel auf diese Fragen eingegangen wird, bzw. sie beantwortet werden und nicht dass es im gesamtne Artikel NICHT mehr darum geht.
Ich meine, wenn in einer Autozeitschrift ein Artikel über ein neues Automodell anfängt mit "Der ultimative Fahrspass? Wir haben das neue Model XY getestet und verraten ihnen an dieser Stelle ob der XY das ultimative Fahrgefühl vermittelt" man dann 1-2 Seiten nur etwas über das serienmässig eingebaute Radio liest und am Ende noch kurz den Satz "Fahren kann man mit dem Wagen auch" auftaucht, wäre man doch auch enttäuscht, oder nicht?

Ich hatte leider bei sehr vielen Artikeln das Gefühl "Schreiben um des Schreibens willen, und nicht wegen Inhalt und Information" und hatte oftmals nach Lesen des Artikels das Gefühl dass ich jetzt genau so viel zusätzliches Wissen, zusätzliche Information habe, als hätte ich stattdessen einfach mal die Wand angestarrt.
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